Neue Gatekeeper

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Google macht ernst - vor einigen Wochen war an dieser Stelle noch spekuliert worden, ob sich der Suchmaschinengigant dem aktiven Protest gegen das Leistungsschutzrecht anschließt und die in der VG Media organisierten Verlage aus seinen Suchergebnissen auslistet. Am 1. Oktober erfolgte die Ankündigung, seit dem gestrigen Mittwoch schafft Google Fakten: Ingesamt 219 digitale Angebote, darunter Platzhirsche wie bild.de und n24.de, sollen nur noch mit Überschrift und Link angezeigt werden - wobei sich das Unternehmen aus Mountain View mit der Umsetzung wohl Zeit lässt, denn bis zum Mittag des gestrigen Tages waren die betroffenen Seiten wie gewohnt abrufbar.

Allein die Ankündigung zur Tat hat die VG Media aber ins Schwitzen gebracht, weshalb die Gesellschaft in einer Mitteilung von Erpressung und Diskriminierung spricht. Medienjournalist Stefan Niggemeier findet diese Reaktion bezeichnend für die Denkweise mancher Chefetagen: »Noch einmal zum Mitdenken: Die Verlage haben sich zuerst darüber beklagt, dass Google ihre Inhalte (angeblich) rechtswidrig nutzt. Nun beklagen sie sich darüber, dass Google ihre Inhalte nicht mehr rechtswidrig nutzt.« Dass Google seine Gegner lediglich beschneidet und nicht gänzlich entfernt, zeigt die gegenseitige Abhängigkeit im Geschäft zwischen Verlagen und Suchmaschine. Wenn letztere gewisse Angebote nicht liefern, könnten Nutzer auf andere Quellen ausweichen und sich »neue Gatekeeper für Nachrichten« suchen, wie Holger Schmidt auf netzoekonom.de schreibt: »Während die klassischen Medien sich noch am ›Informationsmonopolisten‹ Google abarbeiten, etabliert sich gerade unter ihren Augen der nächste Gatekeeper für Nachrichten: Facebook.« Wie Schmidt anhand von Umfragedaten von TNS Infratest belegt, ist das soziale Netzwerk für die 14- bis 29-Jährigen längst zur beliebtesten Newsquelle geworden.

Ob sich Google mit seinem Frontalangriff selbst um Marktanteile bringt, glaubt Manfred Kohlen auf itespresso.de indes nicht. Ohnehin seien schon jetzt nur »noch 60 Prozent der deutschen Verlagsportale bei Google gelistet« und dennoch habe die Suchmaschine ihre Vormachtstellung zuletzt noch einmal ausgebaut. Die ohnehin schon erdrückenden 92,8 Prozent Marktanteil in Deutschland wuchs im August auf 94 Prozent an und ließ die Konkurrenten Bing (2,1 Prozent) und Yahoo (1,3 Prozent) um Universen hinter sich. »Leistungsschutzrecht schadet Google offenbar nicht«, titelt Kohlen deshalb.

Der Streit um das Leistungsschutzrecht könnte allerdings auch unerwartete Gewinner hervorbringen. Die speziell auf Nachrichten spezialiserte und zum Teil kostenpflichtige Suchmaschine botbot.de listet dank Verträgen mit den einzelnen Verlagen sogar Artikel auf, die sich hinter einer Paywall verstecken. Der Nutzer kann zudem filtern, ob er bei der VG Media gelistete Angebote angezigt bekommen will. Eine Entscheidung, die Google für sein Angebot eindeutig entschieden hat.

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