Freiwilligkeit reicht nicht!
Martin Ling über Gerd Müllers Aktionsbündnis im Textilsektor
An Empathie fehlt es Gerd Müller nicht. Am Jahrestag der Katastrophe in Bangladesch, als beim Einsturz eines Textilfabrikgebäudes 1127 Menschen ihr Leben verloren, startete der Entwicklungsminister im April dieses Jahres seinen Runden Tisch zum Textilsektor. Ein offenes Projekt, an dem neben Unternehmen auch Nichtregierungsorganisationen teilhaben durften. Das große Ziel: ein Siegel für faire Textilprodukte.
Was Müller am Donnerstag nun präsentieren wird, gilt noch als geheime Verschlusssache. Und dennoch gilt als gesichert, dass der Aktionsplan manches enthalten wird, aber kein verbindliches Siegel. Das ist ein Sieg für die Unternehmen, die mit Freiwilligkeit gut leben können - die kostet nichts und lohnt auch nicht der Überprüfung, denn Verstöße blieben ohne Konsequenzen.
Sicher: Die ursprünglich angestrebte Kontrolle der Lieferkette »vom Baumwollfeld bis zum Bügel« ist aufwendig und damit kostspielig. Doch daran führt kein Weg vorbei, wenn es einem mit der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Textilbeschäftigten ernst ist - Umwelt- und Sozialstandards sind nicht umsonst.
Die Erfahrung mit Unternehmen zeigt, dass freiwillige Selbstverpflichtungen so wenig hinreichend sind wie Konsumentenboykotte. Die Standards müssen in internationales Recht gegossen werden. Und zwar so, dass die Unternehmen überall für ihre Verfehlungen zu Rechenschaft gezogen werden können und für ihre Subunternehmer mithaften - in Bangladesch wie in Deutschland. Sonst wird der Norden weiter seine Kosten auf den Globalen Süden abwälzen und damit auf die dort Beschäftigten.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.