»Geisteskrank« in Datenbanken der Polizei
Senat hält an Stigmatisierung Verdächtiger durch Vermerke in Polizeiunterlagen fest
Die Berliner Polizei hat knapp 270 000 Hinweise zu Verdächtigen gespeichert - dabei gibt es auch die Rubriken »geisteskrank« und »Ansteckungsgefahr«. Die Oppositionsfraktionen von Grünen, Linken und Piraten scheiterten am Montag im Innenausschuss mit ihrem Antrag, die Stigmatisierung von Personen in Datenbanken zu beenden. Die Regierungsfraktionen CDU und SPD sprachen sich zwar für eine Änderung der umstrittenen Begriffe aus, hielten aber an der Praxis fest.
Auch Innensenator Frank Henkel (CDU) verteidigte das Speichern persönlichen Daten. Dies diene ausschließlich der Eigensicherung von Polizisten. Der Vorwurf der Opposition, die Polizei erfasse willkürlich und in großer Menge personengebundene Angaben, wies der CDU-Politiker als »blanken Unsinn« zurück. »Das ist zwar ein Grundrechtseingriff, aber kein Willkürakt.«
Die Kriterien »geisteskrank« und »Ansteckungsgefahr« wurden laut Innensenator nach einem Beschluss der Innenministerkonferenz 2012 wieder eingeführt und gelten bundesweit. Henkel sprach von einem abgestimmten strategischen Vorgehen. »Stigmatisierung ist nicht nachvollziehbar.« Nur nach ärztlichem Attest würden Verdächtige mit übertragbaren Krankheiten wie HIV oder Hepatitis erfasst. Die Daten würden nicht an Dritte herausgegeben und auch wieder gelöscht.
Ob »geisteskrank« als Begriff aber noch zeitgemäß sei, solle die nächste Konferenz der Innenminister diskutieren, so Henkel. Polizeipräsident Klaus Kandt sagte, die Speicherung sei »weit ab von einer Massen-Erfassung«. Es gehe ausschließlich um Verdächtige; kein Fall von Daten-Missbrauch, wie von den Piraten befürchtet, sei bekannt. Laut Polizei können keine Namenslisten »erzeugt« werden.
Die meisten Speicherdaten der Hauptstadt-Polizei betreffen Drogenkonsum, Gewalttätigkeit und eine Bewaffnung. Aber auch Einträge zu Drogenkonsumenten und Rezeptfälschern sind enthalten.
Der Innenexperte der Grünen, Benedikt Lux, zeigte sich empört. Betroffene könnten sich nicht gegen die Datenspeicherung wehren und würden auch nicht darüber benachrichtigt. Die Erfassung sei nicht verhältnismäßig. Die Fraktionen von LINKEN und Piraten kritisierten, dass Menschen ohne Verurteilung in Polizei-Computern landen könnten. nd
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