»Türkischer« Geheimfavorit

Fußball: Regional- und Oberliga starten in die neue Saison

  • Matthias Koch
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Dieses Wochenende startet der Regional- und Oberligafußball in die neue Saison. In der Regionalliga Nord gelten St. Pauli, Kiel und Dynamo Dresden als Aufstiegsfavoriten, im Süden wird TSG Hoffenheim am häufigsten genannt. Der Sofware-Milliardär Dietmar Hopp (SAP) sponsert diesen »Dorfklub« aus dem Badischen. Dementsprechend wurde Personal eingekauft: für den Trainerstab (Ralf Rangnick, Bernhard Peters), fürs Mangement (Ex-Stuttgart-Geschäftsführer Jochen A. Rotthaus) und auch für den Rasen. Das Ziel: »in vier, fünf Jahren Champions League«. Nicht ganz so spektakulär geht es in den Oberligen zu, auch nicht in den beiden des Nordostdeutschen Fußball-Verbandes. Im Süden gelten Sachsen Leipzig und VFC Plauen als Aufstiegskandidaten, im Norden Tennis Borussia Berlin und Babelsberg 03. Als schillernder Geheimfavorit wird indes BAK aus dem Berliner Wedding gehandelt.

Der Berliner Athletik Klub 07 heißt seit dem 6. Juli »Berlin Ankaraspor Kulübü 07«. Er kann also weiter unter dem Kürzel BAK auftreten. Nur: Statt Klub steht jetzt im offiziellen Vereinsnamen die türkische Entsprechung - eben Kulübü.
Eine Kooperation mit dem türkischen Erstligisten Ankaraspor hat den Verein aus dem Berliner Wedding 99 Jahre nach seiner Gründung nicht nur strukturell stark verändert, sondern ihm auch Ankaraspors Leoparden-Logo eingebracht. Der türkische Klub, der in der Spielzeit 2005/06 auf dem 14. Platz einkam, kaufte sich beim Berliner AK ein. Doch dem seit Jahren von Sponsoren und Fans stiefmütterlich behandelten Kiezverein macht das keine Sorgen.
»Wir hatten keine Wahl. Andere Sponsoren gab es nicht. Ohne die Investoren aus der Türkei hätten wir auf keinen Fall weiter in der Oberliga spielen können«, erklärt der im Juli nicht zur Wiederwahl angetretene Ex-Präsident Rainer Hornberger, der dem Verein als Rechtsanwalt jedoch weiterhin zur Seite steht. »Wir fanden keinen Sponsor mehr; es gibt zu viele Vereine in Berlin«, ergänzt Hornbergers Vorgänger Mehmet Ali Han, der in den letzten Jahren dem BAK erst als Präsident, dann als Ehrenvorsitzender ein Gesicht gab.

Mit Ankara verbandelt
Ankaraspor überweist nicht nur Geld. Der Erstligist stellt bei den Weddingern auch Mitglieder in der Vereinsführung. So gehören der neue 1. Vorsitzende Ahmet Gökcek, Sohn des Bürgermeisters von Ankara, Melih Gökcek, sowie Hilmi Gökcinar und Ufuk Baloglu nun den Vorständen beider Klubs an. Als Generalmanager und »Wachhund« fungiert Derya Akkar, der eigenen Worten zufolge die türkische Investorengruppe und die Weddinger an einen Tisch gebracht hat. Aus Berliner Sicht mischen »Statthalter« Mehmet Ali Han, Mehmet Tonar und Mustafa Özal im Vorstand sowie Kadir Özdogan als sportlicher Leiter mit.
»Es wird bei einigen Entscheidungen sicherlich längere Übertragungswege in die Türkei geben«, vermutet der neue Trainer Thomas Herbst. Der langjährige Coach von Türkiyemspor Berlin war umworben worden, weil er mit der türkischen Mentalität bestens vertraut ist. Herbst selbst freut sich auf die Herausforderung. Im Kader hat der 43-Jährige beispielsweise den österreichischen Torhüter Heinz Lienhart, den nigerianischen Mittelfeldspieler Chibuike Okeke, Berlinrückkehrer Dennis Kutrieb und den senegalesischen Stürmer Luis Gomis, die allesamt schon die Luft höherer Spielklassen geschnuppert haben.
Die mittelfristigen Ziele klingen nicht gerade bescheiden. »In dieser oder der nächsten Saison wollen wir in die Regionalliga aufsteigen«, meint Derya Akkar, der in der Türkei ein bekannter Spielervermittler ist. »In fünf Jahren streben wir die 2. Bundesliga an.«

Sprungbrett für Talente
Zudem soll der BAK eine Art Durchlauferhitzer für gute Kicker werden, die bei entsprechender Weiterentwicklung an Ankaraspor oder andere türkische Erstligisten gewinnbringend abgegeben werden könnten. Das löst nicht überall Jubel aus. »Ich habe meine Zweifel, ob es der Zweck eines Berliner Vereins ist, Akteure für die türkische Liga zu rekrutieren«, sagt Bernd Schultz, Präsident des Berliner Fußball-Verbandes.
Dem Vernehmen nach sollen die türkischen Investoren mit mindestens 500 000 Euro dabei sein. Dem Ruf des BAK käme es entgegen, wenn die Finanzen für die gesamte Saison reichten. Weitere Negativschlagzeilen wie die vermeintlicher Spielmanipulationen bei BAK-Partien in der abgelaufenen Serie würden weder den W...

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