Bürokratie als Arbeitgeber in Laos heiß begehrt
Ansturm auf die Hochschulen des Landes, doch Facharbeiter sind Mangelware
Bounthong ist Facharbeiter. Damit gehört er in Laos eher zu einer Randgruppe. Weniger als 3000 Lehrlinge beginnen pro Jahr eine Ausbildung, rund 2000 Ausbildungsplätze bleiben ungenutzt. Dem steht ein wahrer Ansturm auf die Hochschuleinrichtungen gegenüber. Allein die fünf Universitäten des Landes nehmen in diesem Jahr knapp 9000 neue Studenten auf. Hinzu kommen weitere 10 000 Studienplätze an den Lehrerbildungsinstituten des Landes.
Dennoch werden Tausende Bewerber abgewiesen, versuchen ihr Glück mit einem Studienplatz an privaten Colleges. Schließlich »produziert« das Land etwa 40 000 Abiturienten im Jahr. Der Bildungshunger ist groß.
Die Wirtschaftspolitik setzt auf massive ausländische Investitionen. Laos mit seinen rund 6,5 Millionen Einwohnern zählt zwar noch immer zu den ärmsten Ländern der Welt, ist aber reich an Rohstoffen. Doch lernen die Investoren auch schnell die Probleme kennen. Dazu gehören eine lückenhafte Infrastruktur und vor allem der Mangel an Facharbeitern.
Er ist zwar einer, doch trotzdem ist Bounthong arbeitslos. Er ist gelernter Viehzüchter. Seine Heimatprovinz Houaphanh ist ein Zentrum der Rinderhaltung, und Fachleute sind auch hier rar. Doch Bounthong möchte gar nicht im Stall stehen, Rinder impfen oder das Futter fachgerecht zusammenstellen. Er hatte sich vorgestellt, nach abgeschlossener Lehre im Büro der Landwirtschaftsabteilung der Provinz zu arbeiten. Das heißt am Computer in einem klimatisierten Raum. Das wollen die meisten anderen Lehrlinge auch. Dies um so mehr, als sich das Einkommen der Staatsangestellten in den letzten drei Jahren nahezu vervierfachte. Der Staat bietet seinen Mitarbeitern zudem eine langfristige Beschäftigung, Sozialversicherung für die ganze Familie und Rente im Alter. Letztlich lässt sich staatliche Macht gelegentlich auch in privates Einkommen umwandeln.
Rund die Hälfte aller Absolventen der Technischen und Berufsschulen, so ergab eine Studie, arbeiten anschließend im Staatsdienst. Dessen Attraktivität ist so groß, dass junge Leute oft sogar mehrere Jahre lang als sogenannte Freiwillige unentgeltlich oder bei einem verringerten Einkommen arbeiten, um eine der begehrten Stellen in einem Amt zu erhalten. Dort gibt es inzwischen Aufnahmeprüfungen. Sie wurden vor zwei Jahren eingeführt, um die Qualität der staatlichen Verwaltung zu erhöhen und der verbreiteten Vetternwirtschaft ein Ende zu setzen.
Im Vorjahr stellten sich mehr als 37 000 Kandidaten den Prüfungen, 35 500 bestanden den Test, aber nur die Hälfte von ihnen erhielt letztlich einen Job. Dieses Jahr kamen 32 000 neue Anwärter zu den Prüfungen. Die 156 000 Angestellten kosten den Staat inzwischen so viel, dass Zuwendungen gestrichen und auch die für 2014 zugesagte Gehaltssteigerung ausgesetzt wurde. Die Zahl der neu zu besetzenden Stellen wurden auf 5000 reduziert. Schließlich wendet die Volksrepublik 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Gehälter seiner Mitarbeiter auf.
Bounthong hat also auch in diesem Jahr schlechte Aussichten, treten doch über 90 Prozent der Kandidaten mit einem Hochschulabschluss an. Die Wirtschaft aber sucht weiter händeringend nach Facharbeitern.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.