Enttäuschung, aber nicht Lüge

Jutta Wachowiak über Christa Wolf und das Glücklichsein in einer unglückseligen Welt

Jutta Wachowiak, im November 1989 gehörten Sie mit Christa Wolf zu den Erstunterzeichnern des Aufrufs »Für unser Land« - ein erwartungspathetischer Appell, nun wirklich Sozialismus herzustellen. War das blauäugig?
Blaue Augen sind schön.

Sie wissen, was ich meine.
Klar. Aber Hoffnung muss die Realität übersteigen, sonst kann ja nie was rumgerissen werden. Der Aufruf wandte sich an alle, die schon eine ganze Weile über eine andere DDR nachgedacht hatten.

An alle - das sind immer die üblichen Wenigen.
Nichts sollte an geistigen Aufbrüchen unversucht bleiben - und wenn schon scheitern, dann auf dem Niveau von dem, was wir uns nach dieser quälenden Entwicklung damals erträumt hatten. Wir sind enttäuscht worden, aber wir haben uns nicht belogen.

Nicht belogen?
Wir haben nicht plötzlich so getan, als hätten wir keinen Traum gehabt.

»Der Einfall war kindisch, aber göttlich schön« - heißt es in »Don Carlos«.
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