Unbekannte stehlen historisches Tor des KZ Dachau
Historische Tür mit dem Schriftzug »Arbeit macht frei« entwendet
Dachau. Unbekannte haben in der KZ-Gedenkstätte Dachau die historische Tür am Haupteingangstor mit dem Schriftzug »Arbeit macht frei« gestohlen. »Das ist eine neue Qualität der Schändungsenergie«, sagte die Leiterin der Gedenkstätte, Gabriele Hammermann, am Sonntag. Sie und Max Mannheimer, Überlebender der Konzentrationslager Auschwitz und Dachau und Präsident der Lagergemeinschaft Dachau, zeigten sich entsetzt über diesen Akt der Zerstörung. Es sei der bisher »schwerste Angriff auf den Gebäudebestand der Gedenkstätte«. Auch der Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Karl Freller, bezeichnete den Diebstahl als »schändliche Tat«. In der Gedenkstätte Auschwitz hatte es vor fünf Jahren eine ähnliche Tat gegeben.
Durch das 1936 errichtete Tor am sogenannten Jourhaus mussten während des Nationalsozialismus die Insassen jeden Tag ins Dachauer KZ und hinaus gehen. »Damit ist es das zentrale Symbol für den Leidensweg der Häftlinge«, sagte Hammermann. Die Inschrift »Arbeit macht frei« verdeutliche zudem die verharmlosende NS-Propaganda, welche die Konzentrationslager als bloße Arbeitslager darstellen wollte, sowie den Zynismus der Nazis, für die Zwangsarbeit das zentrale Instrument zur Peinigung und Kontrolle ihrer Gegner war.
Der Sicherheitsdienst hatte den Diebstahl der Tür am frühen Sonntag festgestellt. Kurz vor Mitternacht war sie noch da. Die schwarze schmiedeeiserne Tür misst knapp einen mal zwei Meter und ist Bestandteil des größeren Haupteingangstor. Der oder die Täter mussten nach Angaben der Polizei ein Flügeltor übersteigen, um auf das Gelände der Gedenkstätte zu gelangen. Möglicherweise sei die Tür mit einem Fahrzeug abtransportiert worden, sagte ein Sprecher.
Das umzäunte Gelände der Gedenkstätte werde seit 2001 von einem privaten Sicherheitsdienst überwacht, sagte Hammermann. Die ganze Nacht über kontrolliere ein Mitarbeiter die Umgebung in unregelmäßigen Abständen. Gegen eine Überwachung mit Videokameras habe man sich in den KZ-Gedenkstätten entschieden, weil man aus ihnen »keinen Hochsicherheitstrakt« machen wollte. »Diese Entscheidung muss nun aber möglicherweise auf den Prüfstand«, sagte Hammermann.
Die Ermittler suchen nun nach Zeugen, denen in der Nacht ein verdächtiges Fahrzeug oder verdächtige Personen in der Nähe der Gedenkstätte aufgefallen sind. Eine Suche in der näheren Umgebung des früheren Konzentrationslagers war bisher nicht erfolgreich. Ob Neonazis oder ein »irrer Sammler« hinter dem Diebstahl stecken, konnte der Polizeisprecher zunächst nicht sagen. Man ermittle »in alle Richtungen«.
Im Dezember 2009 war aus der Gedenkstätte des Vernichtungslagers Auschwitz ebenfalls der Schriftzug »Arbeit macht frei« gestohlen worden. Der Diebstahl des bekannten Symbols für den Holocaust rief weltweit Empörung hervor. Die Diebe zersägten den Schriftzug in drei Teile und vergruben ihn in einem Wald. Der schwedische Auftraggeber des Diebstahls wurde später zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Auch seine fünf polnischen Komplizen erhielten Gefängnisstrafen.
Die KZ-Gedenkstätte Dachau ist ebenfalls immer wieder Ziel krimineller Taten mit rechtem Hintergrund. Dachau war das erste große, dauerhaft angelegte KZ der Nazis und wurde zum Modell für die vielen später errichteten Konzentrationslager. Im Dachauer KZ und seinen 140 Außenlagern waren von 1933 bis 1945 mehr als 200 000 Menschen aus ganz Europa inhaftiert. Nach Angaben des Deutschen Historischen Museums kamen hier mindestens 30 000 Gefangene ums Leben. Die KZ-Gedenkstätte geht von etwa 41 500 Ermordeten aus. dpa/nd
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