Ein besoffenes Land
Im Kino: »Im Labyrinth des Schweigens« von Giulio Ricciarelli
Diese Gesellschaft lebte ganz im Hier und Jetzt: Man rauchte und soff die monströse Vergangenheit einfach weg - als gäbe es kein Morgen. Westdeutschland, 50er Jahre. In Giulio Ricciarellis fiktiver Geschichtsstunde »Im Labyrinth des Schweigens« wird diese Epoche auf Petticoat, Schlager, Frauenfeindlichkeit und eine allgegenwärtige Betäubung der Sinne heruntergebrochen. Auschwitz? Nie gehört. Noch einen Schnaps, bitte.
Es brauchte schon einen dickfelligen, charismatischen Humanisten wie Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, um dieses von Wirtschaftswachstum und Doppelkorn besoffene Land zu ernüchtern. Um daran zu erinnern, dass seine Wachleute noch zehn Jahre zuvor an den Menschen-Öfen standen, seine Ärzte die Todeskandidaten selektierten und seine Anwälte Rassengesetze verfassten - und sie allesamt noch in Amt und Würden waren.
Doch Ricciarellis zugespitztes und romantisiertes Ausstattungs-Drama wird dafür nicht gebraucht. Fr...
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