Zweiter Sieger hat verloren

CDU-Landesvorsitzender Michael Schierack gibt den Chefposten in der Landtagsfraktion ab

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Er trete »einen Schritt zur Seite«, kommentierte der CDU-Politiker Michael Schierack seinen Teilrückzug aus Spitzenämtern. Die Parteifreunde lasten ihm das Scheitern einer Koalition mit der SPD an.

Die Spatzen pfiffen es von den Dächern, nun ist es amtlich: Der Spitzenkandidat der brandenburgischen CDU, Michael Schierack, tritt vom Amt des Landtagsfraktionschefs zurück. Wie nach einer Sitzung der Landesparteispitze am Mittwochabend bekannt wurde, soll oder will er aber Landesvorsitzender bleiben. Das Gremium hat einstimmig vorgeschlagen, den Abgeordneten Ingo Senftleben zum neuen Fraktionsvorsitzenden zu wählen.

In dieser Frage bewahrt die CDU Kontinuität: Es ist erstaunlich, mit welcher Geschwindigkeit sich dort das Personalkarussell dreht. Das hat Tradition, die nur einmal unterbrochen worden ist - von Jörg Schönbohm, der viele Jahre Innenminister und die meiste Zeit zugleich Landesvorsitzender gewesen ist. Alle anderen Spitzenpolitiker der märkischen CDU waren alsbald verbraucht, setzten sich in die letzte Reihe und widmeten sich dem privaten Fortkommen, so wie der frischgebackene Wirtschaftslobbyist Sven Petke.

Und dieses private Fortkommen war es auch, das Michael Schierack letztlich zum Verhängnis wurde. Denn immerhin ist es der CDU mit ihm gelungen, die CDU mit nun 23 Prozent wieder zur zweitstärksten Fraktion im Landtag zu machen. Das war sie zehn Jahre lang nicht mehr gewesen.

Der Eintritt der Christdemokraten in die Regierung schien jetzt eine ausgemachte Sache, zumal die LINKE von 27,2 auf 18,6 Prozent abgestürzt war. In den Sondierungsgesprächen mit der erneut siegreichen SPD jedoch ließ Schierack den Willen vermissen, selbst als Minister in eine Landesregierung einzutreten. Das jedenfalls verriet der inzwischen wiedergewählte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), begründete damit die Entscheidung, der CDU eine Absage zu erteilen und die Koalition mit der Linkspartei fortzusetzen. Schierack dementierte erst, verplauderte sich dann aber, indem er sich beschwerte, das Telefonat mit Woidke, bei dem darüber gesprochen wurde, sei doch vertraulich gewesen. Als Grund für Schieracks Weigerung, ein Ministeramt zu übernehmen, wird intern sein Streben genannt, nicht durch eine lange Pause bei der Ausübung seines eigentlichen Arztberufs die Berechtigung zu bestimmten Behandlungen zu verlieren. Als Minister hätte der Medizinprofessor nicht nebenbei eine Praxis führen oder als Orthopäde arbeiten können.

Merkwürdig ist dabei nur, dass dies ja auch gegolten hätte, wenn die CDU die Landtagswahl am 14. September gewonnen hätte, so wie die Partei sich das nach dem Sieg bei der Bundestagswahl 2013 erträumt hätte. Man glaubte doch allgemein, dass Spitzenkandidat Schierack dann selbstverständlich als Ministerpräsident zur Verfügung gestanden hätte. Ist das im Vorfeld innerhalb der CDU-Spitze nicht abgeklärt worden?

An der Oberfläche regierte in der märkischen CDU nach den vergeigten Sondierungsrunden mit der SPD kein Groll gegen Schierack, heimlich jedoch schieben genügend CDU-Mitglieder Frust. Die Möglichkeit des Mitregierens dem persönlichen Karrierestreben eines einzigen Mannes geopfert? So stellt es sich zumindest aus Sicht der Basis dar. Schierack ist es offenbar nicht gelungen, in diversen Besuchen der Kreisverbände einen anderen Eindruck zu vermitteln.

Nun aber, mit seinem Rücktritt als Fraktionschefs, ist der Weg für die Doppeltätigkeit frei. Schierack kann als Orthopäde tätig sein und sein Einkommen mit über 11 000 Euro recht ordentlich aufbessern. Das sind die 11 000 Euro, die alles in allem ein brandenburgischer Landtagsabgeordneten neuerdings pro Monat brutto gezahlt bekommt.

Er trete »einen Schritt zur Seite«, kommentierte Schierack selbst seinen Verzicht auf den Posten des Fraktionschefs. Beim Schach bricht der Springer die Offensive ab, indem er einen Schritt zur Seite und zwei nach hinten rückt. Nicht ausgeschlossen ist, dass sich die CDU mit diesem Verfahren, mit dieser erneut halben Sache, nur schadet und die Querelen wieder hervorruft, die sie seit 25 Jahren so gern vermeiden wollte. Denn wenn Schierack nur im Zweitberuf Abgeordneter ist - kann er dann im Drittberuf ein guter Landesvorsitzender sein? Das mag in einem traditionell gut sortierten und erfolgreichen CDU-Landesverband möglich sein, ist aber schwerlich vorstellbar in Brandenburg, wo die CDU seit 25 Jahren die schlechtesten Ergebnisse der aller CDU-Landesverbände einfährt.

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