LaGeSo-Chef weist Vorwürfe zurück
SPD: Czaja soll Aufklärung der Flüchtlingsheim-Affäre übernehmen
»Ich begrüße es, dass Herr Czaja jetzt eine interne und externe Revision in Auftrag gegeben hat und habe ganz persönlich ein großes Interesse daran, die Vorwürfe restlos aufzuklären«, erklärte Franz Allert, Präsident des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LaGeSo), am Donnerstagabend. Auf Weisung von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) werden die Vorwürfe von der Revisionsabteilung des Landesamtes sowie vom Landesrechnungshof untersucht. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt nach einer Strafanzeige in dieser Sache. Dem LAGeSo-Cef wird vorgeworfen, die Unternehmen PeWoBe und Gierso Boardinghaus begünstigt zu haben. Der Geschäftsführer der PeWoBe, Helmut Penz, soll zudem mit der Gierso wirtschaftlich eng verzahnt sein. Der Geschäftsführer des letztgenannten Unternehmens ins Allerts Patenkind.
»Über die erhobenen Vorwürfe bin ich zutiefst betroffen«, heißt es in der Erklärung Allerts, die »nd« vorliegt. Er habe »zu keiner Zeit rechtswidrig auf die Vergabe oder die Vertragsgestaltung von Unterkünften für Flüchtlinge Einfluss genommen«, so Allert. Dass er Taufpate von Tobias Dohmen ist, habe er den zuständigen Mitarbeitern als auch Vorgesetzten unverzüglich mitgeteilt. Eine Bevorteilung oder »anderweitige rechtswidrige Einflussnahme auf Vergabeentscheidungen im Zusammenhang mit Flüchtlingsunterkünften der Firmen Gierso oder Pewobe oder irgendwelcher anderer Betreiber von Flüchtlingsunterkünften« habe es zu keiner Zeit gegeben, weist Allert die Vorwürfe zurück. Er sei weder an den jeweiligen Vertragsverhandlungen beteiligt, noch habe er mit einer Ausnahme in den vergangenen Jahren entsprechende Verträge unterschrieben.
Die Berliner SPD forderte den Sozialsenator auf, die Aufklärung des Vorwurfs gegen Franz Allert, zur Chefsache zu machen. Czaja müsse offenlegen, »inwieweit er von den Verbindungen zwischen Franz Allert und dem Geschäftsführer des Betreibers von Flüchtlingsheimen Gierso Boardinghaus GmbH, Tobias Dohmen, gewusst habe«, erklärte der Vorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft »Migration und Vielfalt«, Aziz Bozkurt, am Freitag.
Der Sozialsenator müsse beantworten, warum seine Verwaltung der Kritik an diesem Betreiber in den vergangenen Jahren nicht genauer nachgegangen sei, erklärte Bozkurt. Mehrfach hätten Initiativen auf zu wenig Personal und Ausstattungsmängel in den Unterkünften der Gierso GmbH hingewiesen. »Das unzureichende Qualitätsmanagement und die häufige Vergabe von Aufträgen ohne Ausschreibungen hinterlässt ein starkes Geschmäckle«, kritisierte der SPD-Politiker.
Unterdes sind neue Vorwürfe gegen das LaGeSo aufgetaucht. So soll die für Flüchtlingsunterkünfte zuständige Behörde nicht erbrachte Leistungen bezahlt haben, berichteten mehrere Berliner Zeitungen am Freitag. Kritik von Bürgerinitiativen an den ebenfalls unter Vetternwirtschafts-Verdacht stehenden privaten Heimbetreibern, die Gierso Boardinghaus und die PeWoBe, sei das LaGeSo nicht nachgegangen, berichtet die »tageszeitung«.
Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, der das Lageso untersteht, hatte am Donnerstag interne und externe Untersuchungen eingeleitet.
Wie die »Berliner Zeitung« berichtet, soll die Gierso Boardinghaus unter anderem über Monate hinweg in einem Flüchtlingsheim in Moabit keine Kinderbetreuung gestellt haben. Trotzdem habe das Lageso die nicht erbrachte Leistung in Höhe von schätzungsweise 25 000 Euro weiterfinanziert. Die Zeitung beruft sich dabei auf die für Flüchtlinge engagierte Bürgerinitiative »Neue Nachbarschaft Moabit«. Die Initiative habe sich aus diesem Grund im März 2014 an die Staatsanwaltschaft gewandt. Auch zuvor habe die Initiative wiederholt Kritik an den Missständen in dem Flüchtlingsheim geübt, berichtet die »tageszeitung«. Sie habe daraufhin im Herbst 2013 Hausverbot erhalten. Auffällig sei zudem, dass sich die Zahl der von der Gierso betriebenen Flüchtlingsunterkünfte in den vergangenen zwei Jahren deutlich erhöht habe. mit Agenturen
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