Folge 70: Adbusting (Subst., engl.)

Lexikon der Bewegungssprache

  • Lesedauer: 1 Min.

Das Werbeplakat bedient sämtliche Klischees. Die Frau hat lange, blonde Haare und ist leicht bekleidet. Halb liegend trägt sie bloß knallrote Unterwäsche. Darüber steht: »Nicht gucken, kaufen! Dessous ab 4,99«. Doch der Textilhändler Takko hat wohl nicht mit den Politaktivisten gerechnet, die das Plakat in der Nacht verschönerten. Am nächsten Morgen waren einige Buchstaben überklebt. Nun war zu lesen: »Nicht denken, kaufen! Stundenlöhne unter 0,99«.

Der Protest gegen Sexismus, schlechte Arbeitsbedingungen und überflüssigen Kommerz, er muss nicht bierernst daher kommen, er kann auch lustig und kreativ sein. Adbusting wird diese Aktionsform genannt. Übersetzt heißt das »Werbung zerstören«, allerdings geht es um mehr als den Protest gegen eine Welt, in der kommerzielle Anzeigen allgegenwärtig sind. Beim Adbusting wird Werbung verfremdet, verschönert, der Sinn umgekehrt, das Anliegen lächerlich gemacht. Es ist eine wahre Kunst.

Der Bewegung würde mehr Adbusting nicht schaden. Es ist eine Form der Kommunikationsguerilla, etwas anderes als die klassische Latschdemo. Es macht Spaß und kann zum Nachdenken anregen. Eine gute Fake-Anzeige verbreitet sich über das Internet fast von alleine, allerdings erfordert die Herstellung auch viel Arbeit. Das »Greenpeace Magazin« beschäftigt sogar professionelle Adbuster: Auf der Rückseite der Zeitschrift wird jeden Monat »Keine Anzeige« abgedruckt. fwe

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