Es ist doch etwas ganz anderes, wenn das Konzept der Linkspartei für eine Reform der Gesundheitsversorgung im Lande unter Anleitung eines Mediziners, Politikers, Kassenchefs, Ärztekammerpräsidenten, Buchautors und Disputprofis entsteht, als hätte es jemand gemacht, den keiner kennt. Den aufmüpfigen Huber aber kennen viele. Der 1949 in Waldshut, Baden-Württemberg, Geborene hat Medizin studiert, im Krankenhaus und beim Bundesgesundheitsamt gearbeitet. Von den Grünen wurde er in die Berliner Politik geschickt, und 12 Jahre lang war er Ärztekammerpräsident in der heutigen Hauptstadt, bevor er sich nach Hamburg verzog und dort einer gesetzlichen Krankenkasse vorstand, die sich besonders um die ganzheitliche Behandlung der Patienten, vor allem mit Naturheilverfahren und alternativen Methoden, verdient macht. Vielen Gesundheitspolitikern, Pharmavertretern, Kassenchefs und den meisten Ärzten dürfte die harsche Kritik Ellis Hubers am deutschen Gesundheitssystem und seinen Aktionären noch im Ohr klingen, die er in allen seinen Funktionen übte, immer zugespitzt und medienkompatibel formuliert. Nicht jedem hat das gefallen. Es wird zu viel operiert, Unnötiges verschrieben, am kranken Patienten mehr verdient als am gesunden, das Honorarsystem belohnt teure Diagnosetechnik, die Patienten seien nur Nummern in einer Kartei, die Kassen ekeln die chronisch Kranken raus und überhaupt - das ganze Gesundheitssystem ist krank, so der Mann, der am liebsten eine Gesundheitsrevolution machen würde. In einem Buch hat er sie schon vorweggenommen. Das Angebot der Linkspartei für einen zweimonatigen Beratervertrag kam dem Revolutionär da vielleicht gerade recht, um seine Idee von einer bürgernahen Gesundheitsversorgung, die von der ganzen Gesellschaft getragen wird und auf Prävention und ganzheitlicher Behandlung beruht, auf den Weg ins Parlament zu bringen. Vor jeder von Hubers Funktionsbezeichnungen müsste eigentlich ein »Ex« stehen - gerade das qualifiziert ihn aber besonders für seine Aufgabe. Hinzu kommt, dass er mit einem niemals Schluss gemacht hat: dem Nachdenken über die Lösung all der schwierigen Fragen in der Gesundheitspolitik, vor denen sich so viele seiner Berufskollegen gern drücken.
Silvia Ottow
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