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Nicht tolerierbar

Robert D. Meyer über die ARD Themenwoche zur Toleranz

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Rundfunkstaatsvertrag heißt es zum Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen, diese sollen den »gesellschaftlichen Zusammenhalt« fördern. Die ARD nimmt diesen auferlegten Anspruch ab Samstag für sich besonders ernst und veranstaltet eine »Themenwoche Toleranz«. Doch »zwischen gut gemeint und gut gemacht« besteht ein großer Unterschied, wie die quasi hauseigene Redaktion des NDR-Medienmagazins ZAPP feststellt. Seit einigen Tagen ergießt sich eine veritable Wutwelle über die ARD, jedoch nicht etwa von jenen, die in Stammtischmanier ein Ende der Toleranz fordern. Es protestieren die, deren Wertvorstellungen im Gegensatz zu denen der Öffentlichen nicht im letzten Jahrhundert stecken geblieben ist.

Für Noemi Molitur auf taz.de verfolgt die ARD bereits mit ihrer Themensetzung den völlig falschen Ansatz: »Tolerieren (lat. ›dulden‹) impliziert immer bereits ein Machtgefälle. Wer andere toleriert, glaubt, dass es ihm oder ihr zusteht, sich zu entscheiden, marginalisierte Gruppen trotz ihrer ›Andersartigkeit‹ zu dulden.« Im Klartext: Im Gegensatz zur Akzeptanz basiert die Toleranz immer auf einer Art gnädigem Akt jener, die meinen, in der gesellschaftlichen Hierarchie über den vermeintlich zu Tolerierenden zu stehen. Doch genau in jene Verständnisfalle tappt die ARD auch bei der zur Themenwoche gehörenden Plakatkampagne: Da wird das Foto eines Farbigen mit der Frage »Belastung oder Bereicherung?« verknüpft, zwei sich zärtlich umarmende Männer mit »Normal oder nicht normal?« betitelt - ganz so, als müsste die Gesellschaft ernsthaft über die Frage diskutieren, die mit Blick auf den ersten Artikel im Grundgesetz seit 1949 eigentlich beantwortet ist und an dessen bisher inkonsequenter Umsetzung nicht jene Schuld haben, die zur Gruppe der »Tolerierten« gehört.

Dazu stellt Norbert Blech auf queer.de fest: »Wenn man nun aber sogar eine Woche zur ›Toleranz‹ allgemein mit einer Mischung aus toleranten und intoleranten Aussagen bewirbt, offenbart sich dahinter eine konsequent falsche Denkweise: Toleranz ist, wenn man ›darüber‹ redet. Beziehungsweise darüber reden lässt. Eine echte Toleranz, gar Akzeptanz oder Inklusion ist das nicht.« Und wie zum Beweis für mangelnde Feinfühligkeit veranstaltet der Hessische Rundfunk eine Talk-Sendung zum Thema und lädt dazu den Journalisten Matthias Matussek ein, der über sich selbst im Frühjahr auf welt.de schrieb: »Ich bin wohl homophob. Und das ist auch gut so.«

Inzwischen sah sich die ARD gezwungen, auf die Kritik zu reagieren. »An den Aussagen auf den Plakaten soll sich der Betrachter reiben. (...) Wir wollen zur intensiven Diskussion anregen und zum Nachdenken über eigene Haltungen und Vorurteile«, schreibt der verantwortliche Koordinator Dr. Hans-Martin Schmidt auf br.de in einer Stellungnahme. Doch was ist von einer Kampagne zu halten, die bei den Zuschauern mehr Fragen als Antworten hinterlässt? Von Gästen wie Matussek dürfen die Zuschauer eher die Bestätigung für Vorurteile als deren Abbau erwarten.

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