Trauriger Streit um Mauertote

Privates Mauermuseum legt eigene Zahlen für Grenzopfer vor

  • Peter Kirschey
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.
Wäre es nicht ein so ernstes Thema, man könnte über die Neurosen einer Frau im mittleren Alter Geschichten schreiben, die sich als einzige und wahre Anwältin gegen Unrecht und Gewalt sieht. Doch es geht um die Toten an der Berliner Mauer, da verbietet sich ein Geschacher um Zahlen und Schicksale. Vor drei Tagen stellte das Zentrum für Zeithistorische Forschungen in Potsdam die Ergebnisse des Forschungsprojektes »Die Todesopfer an der Berliner Mauer 1961 - 1989« vor, gestern legte die Chefin des privaten Mauermuseums an der Friedrichstraße, Alexandra Hildebrandt, nach. Sie behauptete nun, das Potsdamer Zentrum hätte vom damaligen Senat aus Sozialdemokraten und Grünen den Auftrag erhalten, die Zahl der Todesopfer herunterzurechnen und Rot-Rot, in Person des amtierenden Kultursenators, habe dieses böse Spiel weitergetrieben. Die Potsdamer Historiker waren zu dem Ergebnis gekommen, dass an der Mauer 125 Menschen getötet wurden - deutlich weniger, als bisher angenommen. Die Studie sprach von 65 mutmaßlichen Todesfällen, die »definitiv auszuschließen sind«, und weiteren Fällen, die noch aufgeklärt werden müssten. Anlass für die umstrittene Museumsfrau, über die Studie herzuziehen und ihre eigene Statistik gegenzuhalten. Sie nannte das Potsdamer Papier eine unsaubere Arbeit und unkorrekt in der Aussage. Es sei den Potsdamer Forschern nicht erlaubt worden, die richtigen Zahlen zu nennen. Nach Belegen für ihre Behauptungen befragt, dass der Senat den Auftrag dazu erteilt habe, die Opferzahlen kleinzurechnen, konnte sie nur antworten, dass es vom Potsdamer Forschungszentrum keine Anfrage an ihre Person gegeben habe. Es sei bezeichnend, dass dieses Material ausgerechnet so kurz vor dem Jahrestag des Mauerbaus veröffentlicht werde. Auf die Frage nach ihren eigenen Quellen, antwortete sie, dass sie diese nicht preisgeben werde. Es folgte ein Rundumschlag gegen Senat, die Berliner Staatsanwaltschaft, die ihre Bemühungen um Aufklären sabotiere, und die Birthler-Behörde, die nur zögerlich und spärlich Material rausrücke. Die Frage, wen sie für kompetent hält, solche Forschungen durchzuführen, hielt Alexandra Hildebrandt für eine Zumutung. Man müsse mit dem Herzen dabei sein. Und das sei bei den Potsdamer Historikern nicht der Fall gewesen. Die Hildebrandt-Statistik nennt für den Zeitraum 1961 bis 1989 239 Todesopfer. Weitere 46 Personen sollen zwischen 1949 und dem 13. August 1961 in Berlin ums Leben gekommen sein. Diese Statistik wird von Hildebrandt jedes Jahr erneuert und der Öffentlichkeit präsentiert. In einer buchhalterischen Presseerklärung des Mauermuseums werden die Zahlenspiele fortgesetzt, wer dazugerechnet und wer nicht dazugerechnet werden soll, wie die Zahlen des ...

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