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Die Frau mit den Gitarren

Ane Brun im Huxley's

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 3 Min.
Wenn Ane Brun Gitarre oder Keyboard spielt, geht sie darin nicht nur auf, sie meditiert in ihrer Klangwelt und lässt das Publikum daran teilhaben. Das kann selbstreferentiell wirken - aber nicht bei der Norwegerin.


Ane Brun lebt die Musik. Wenn sie singt, benutzt sie nicht einfach ihre warme, wandlungsreiche Stimme. Sie erzählt Geschichten und macht ihre Gefühlswelt erfahrbar. Wenn sie Gitarre oder Keyboard spielt, geht sie darin nicht nur auf, sie meditiert in ihrer Klangwelt und lässt das Publikum daran teilhaben. Das kann selbstreferentiell wirken, doch nicht bei der Norwegerin. Sie offenbart bei ihren Konzerten tatsächlich ihre Seele.

So auch am Freitagabend im Huxley's, wo sie dieser Tage eines von vier Konzerten in Deutschland im Rahmen ihres aktuellen Solo-Akustik-Programms spielte. Gut 600 Menschen fanden sich in der bestuhlten Halle in Kreuzberg ein. Viel mehr hätten nicht Platz gefunden. Ane Brun gehört in Skandinavien zu den populärsten Sängerinnen, hierzulande kennt sie die nicht zu unterschätzende Fangemeinde der melancholischen Melodien und intensiven Frauenstimmen ebenfalls sehr gut. Viele im Publikum jauchzen auf, wenn die ersten Töne eines Liedes erklingen und sie es sofort erkennen. Mehr als eine Dekade lang bereichert Ane Brun bereits diese Musikrichtung. Vor zwölf Jahren begann sie aufzutreten, derzeit arbeitet sie an ihrem siebten Studioalbum. Doch die 38-Jährige in eine Schublade stecken zu wollen, wird ihrer Kunst nicht gerecht.

Das zeigt sie in ihrem puristischen Auftritt. Sie allein füllt an diesem Abend die Bühne mit ihren größten Hits, Raritäten und wunderbaren Coverversionen. Aber, der Norwegerin zuzuhören, wäre nur halb so intensiv, bliebe sie ohne ihre Gitarre. Oder vielmehr ihre Gitarren. Beim fünften Song grinst jeder im Publikum darüber, dass der mit kurzen blonden Locken auftretenden Frau schon wieder ein anderes Zupfinstrument gereicht wird. Ob die klassische Akustikgitarre, ob eine kleinere als Balalaika daherkommende Klampfe oder eine hellblau-glänzende E-Gitarre, Ane Brun weiß sie alle perfekt zu beherrschen, nutzt die Stimmlagen, um ihren Liedern Ausdruckskraft zu verleihen und verschiedenste Rhythmen zu bedienen.

Ihr kraftvoller Auftritt verliert aber zu keinem Zeitpunkt an persönlicher Atmosphäre. Auch nicht, weil Ane Brun viel zu ihrem Publikum spricht. Sie sagt zwar noch zu Beginn, dass sie viele Songs im Gepäck habe und daher besser hintereinander spielen möchte, damit hier alle wieder beizeiten rauskommen. Doch manche Songs will sie dann doch etwas erläutern. Etwa einen Titel, den sie auf Norwegisch geschrieben hat und zu dem sie ihre Heimat, das Meer, inspiriert hat. Erst zwei Lieder hat sie in ihrer Heimatsprache verfasst, alle anderen auf Englisch. So verstehen viele im Publikum die Zeilen, die oft von Liebe und Geliebtwerden handeln. »Brauchen wir all diese Liebeslieder überhaupt?«, fragt Brun ins Publikum und gibt selbst die Antwort. Ihr »ja, natürlich« löst bei einigen offenbar Erleichterung aus. Viele Paare – ob lesbisch, schwul, hetero oder trans – sind sich nun endgültig sicher, dass ihre Erwartungen an einen einfach schönen Abend erfüllt werden.

Ane Brun nutzt ihre kraftvolle Stimme jedoch nicht nur dazu, vom Verlieben und Verletztwerden zu singen. Wenn sie in ein stets wechselndes Farbenspiel getaucht wird, erzählt sie auch über Unsicherheit, Selbstzweifel und dem Streben nach Unabhängigkeit. Und so ist auch in ihren Texten zu erleben, wie sich Ane Brun mit den Jahren entwickelt hat und stets mutiger wurde. An diesem Abend wandelt sie fließend zwischen Pop, Folk bis hin zu experimentell avantgardistischen Tönen. Bei ihrem nächsten Auftritt in Berlin wird sie ihr Publikum mit Sicherheit wieder neu überraschen.

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