Schlechte Verlierer: CDU blockiert Amtsantritt von Rot-Rot-Grün
Grüne und Linkspartei beklagen Intrigen der abgewählten Regierung: Stellen blockiert, Übergabe verweigert / CDU verhandelte offenbar sehr eng mit Rechtspartei AfD über Verhinderung von Ramelow
Update 18 Uhr: Ein Sprecher der Thüringer CDU-Fraktion dementierte den Bericht am Sonntag nicht. Entscheidend sei das abschließende Handeln im Parlament, hieß es in einer Stellungnahme. »Wir haben keinen Kandidaten in den ersten beiden Wahlgängen aufgestellt, um nicht in Abhängigkeit von der AfD zu sein und Rot-Rot-Grün an der eigenen Mehrheit scheitern zu lassen, was im ersten Wahlgang auch geklappt hat.« Das sei auch Merkels Empfehlung gewesen.
Der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Landtag, Björn Höcke, bestätigte ein Treffen mit Mohring sowie mehrere Telefonate mit ihm. Dies habe dem »Kennenlernen und Gedankenaustausch« gedient, um konkrete Zusammenarbeit sei es nicht gegangen, sagte er auf dpa-Anfrage. Seine Fraktion sei aber bereit gewesen, einen Kandidaten der CDU mitzuwählen. »Herr Mohring war da unser erster Ansprechpartner.«
Der mutmaßliche CDU/AfD-Flirt in Thüringen stieß bei der SPD, die im Bund mit der Union regiert, auf Kritik. »Die CDU muss Klarheit über ihren Kurs mit der AfD schaffen«, erklärte der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann. »Das ist ein Spiel mit dem Feuer.« Thüringens Linke-Chefin Susanne Hennig-Wellsow sprach im »Tagesspiegel« (Montag) von einer »unseligen Allianz: der rechte CDU-Scharfmacher Mohring mit den geistigen Brandstiftern der AfD«. Auch die Grünen-Bundestagsfraktion forderte von der CDU »Klarheit über ihren Umgang mit der AfD«.
Grüne und Linkspartei beklagen Intrigen der abgewählten Regierung
Berlin. Die CDU in Thüringen zeigt sich als schlechte Verliererin. Wie der »Spiegel« berichtet, muss die neue rot-rot-grüne Landesregierung »gegen Intrigen der nach 24 Jahren abgewählten CDU ankämpfen«, wie es das Magazin in einer Vorabmeldung formuliert. So seien etwa in der Staatskanzlei keine Stellen mehr für persönliche Referenten und Büroleiter frei, weil die CDU »ihr einst ohne Ausschreibung ins Amt beordertes parteinahes Personal kurz vor Torschluss auf reguläre Stellen gesetzt und diese damit blockiert« habe. Staatskanzleichef Benjamin Hoff von der Linkspartei sprach von einem Versuch der Demütigung.
Kritik kommt auch von der Umweltministerin Anja Siegesmund von den Grünen. Der gegenüber war vom bisherigen Ressortchef von der CDU eine geordnete Übergabe des Ministeriums abgelehnt worden - er wolle nach seiner Entlassung keinen Fuß mehr in das Haus setzen, habe dieser gegenüber Siegesmund erklärt. Auch sei »nicht mal mehr eine Schreibkraft zu finden. Es herrsche gespenstische Leere«, schreibt der »Spiegel«. Die Grünenpolitikerin wird mit den Worten zitiert: »Was hier abläuft, ist unanständig.«
Schon Ende November hatte die »Thüringer Allgemeine« berichtet, dass der da noch amtierende CDU-Finanzminister Rücklagen des Freistaates in Höhe von 200 Millionen Euro aufgelöst hatte – mit dem Argument, Schulden des Landes zu tilgen. Die Gelder fehlen aber nun praktisch der rot-rot-grünen Landesregierung, was deren Handlungsspielraum einschränkt.
Gegenüber »neues deutschland« hatte der neue Ministerpräsident Bodo Ramelow unlängst erklärt, die neue Landesregierung werde zunächst einen Kassensturz vornehmen. »Wir müssen erst einmal in die Bücher schauen, die uns die CDU hinterlässt. Sie hat den größten Schuldenberg der neuen Länder aufgehäuft und kritisiert jetzt, Rot-Rot-Grün könne nicht mit Geld umgehen. Wir wissen nicht, wie viel Schulden noch in Schattenhaushalten stecken und was schon im Voraus ausgegeben wurde.«
Unterdessen wird berichtet, dass die Thüringer CDU offenbar konkreter als bisher bekannt mit der Rechtspartei AfD über eine Verhinderung von Ramelows Wahl beraten hat. Wie der »Spiegel« berichtet, soll der CDU-Fraktionsvorsitzende Mike Mohring seine Thüringer Fraktionsführung bereits Anfang November »von konkreten Überlegungen für den Fall einer Kampfkandidatur gegen Ramelow« unterrichtet haben, wie es in einer Vorabmeldung heißt.
»Mindestens muss klar sein: Die CDU muss stehen, und die AfD muss stehen. Also wenn, muss ich mit 45 Stimmen da rausgehen«, soll Mohring erklärt haben. Sein Draht zur AfD sei »gut«, die Thüringer Rechtspartei habe »ein Treffen und danach regelmäßige Telefonate« bestätigt. Laut dem Magazin soll Mohring in kleiner Runde auch erklärt haben, dass er die Zustimmung von Kanzlerin Angela Merkel für das Zugehen auf die AfD habe. Die Bundes-CDU hatte offiziell einen Abgrenzungskurs gegenüber der Rechtspartei gefahren. nd/mit Agenturen
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.