Mehr als genug Abgeordnete

Freie Wähler beantragen Verkleinerung des Landtags / SPD, LINKE und Grüne lehnen das ab

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Gemessen an der Einwohnerzahl verfügt Brandenburg über recht viele Landtagsabgeordnete, doch die Wahlkreise sind schon ziemlich groß. Für noch größere Wahlkreise ist keine Mehrheit in Sicht.

»Das ganze Land verändert sich demografisch. Da können wir uns nicht hinstellen und sagen: Nur die Verwaltung muss so bleiben wie sie ist.« Diese Aussagen von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat der Landtagsabgeordnete Péter Vida (Freie Wähler) in der »Märkischen Oderzeitung« gelesen. »Diese Darstellung ist auf den Landtag übertragbar«, denkt Vida. Er hat beantragt, das Parlament von 88 auf 68 Sitze zu verkleinern.

Wenn der Bevölkerungsschwund sich in einer schlankeren Verwaltung niederschlagen solle, so müsse dies auch im Landtag »nachgezeichnet werden«, findet der Abgeordnete. Der Landesdienst zählte laut amtlicher Statistik im Jahr 1996 fast 74 000 Beschäftigte. Bis Ende 2019 soll der Personalbestand, der gegenwärtig bei 46 500 liegt, auf maximal 44 200 abgeschmolzen werden. So sieht es der Koalitionsvertrag von SPD und LINKE vor.

Doch am Umfang des Landtags wurde seit 1990 nie etwas geändert. Dabei sei im bundesdeutschen Durchschnitt ein Landtagsabgeordneter für rund 37 800 Einwohner zuständig, bemerkt Vida. Die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen herausgerechnet, seien es pro Mandat sogar 43 000 Einwohner, in Brandenburg dagegen nur 27 850. Ein Abgeordneter in Brandenburg müsse demnach 26 Prozent weniger Bürger betreuen als üblich, allein auf die Flächenländer bezogen 35 Prozent weniger. Beispielsweise verfüge Schleswig-Holstein, »das 2,8 Millionen Einwohner und somit 350 000 mehr als Brandenburg hat, über einen Landtag mit 69 Sitzen«. Nach Überzeugung von Vida wäre in Brandenburg eine Zahl von 68 Landtagsabgeordneten ausreichend groß, »um eine pluralistische Stimmenverteilung proporzgerecht abbilden zu können«. Konsequenz von Vidas Vorschlag wäre es, zur Landtagswahl 2019 die Zahl der Wahlkreise und damit der Direktmandate von 44 auf 34 zu reduzieren. Genau das regt der Abgeordnete auch an.

Bei Aufwendungen von etwa 10 000 im Monat für einen Landtagsabgeordneten in Brandenburg käme eine Ersparnis von 200 000 Euro zusammen. Mit diesem Geld könnten Schulden abgebaut oder etwa 50 zusätzliche Lehrer bezahlt werden.

Doch sind auch andere Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Eine gewisse Anzahl von Abgeordneten ist notwendig für die politische Willensbildung, eine vernünftige Sacharbeit und die Kontrolle der Regierung. »Die Notwendigkeit einer Verkleinerung des Landtags kann ich momentan nicht erkennen«, sagt Thomas Domres, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion. Nach seiner Einschätzung kann nicht allein die Bevölkerungszahl zum Maßstab gemacht werden. Zu berücksichtigen seien auch die Verkehrssituation und die geografischer Lage. Mit einer Ausdehnung auf 29 654 Quadratkilometer sei Brandenburg immerhin das fünftgrößte Flächenland der Bundesrepublik. Für Minderheitengruppen wäre es zudem bei einem kleineren Parlament schwieriger, in den Landtag hineinzugelangen, erläutert Domres. Das könnte dann auch die Freien Wähler treffen, die seit der Wahl am 14. September mit lediglich drei Abgeordneten erstmals im Brandenburger Landtag vertreten sind.

Diese Darstellung stützt die Landtagsabgeordnete Ursula Nonnemacher (Grüne) mit einem Beispiel: Im kleinen Saarland, wo es bloß 51 Landtagsabgeordnete gibt, bekamen die Grünen 2012 genau fünf Prozent der Stimmen, erhielten dafür jedoch nur zwei Mandate. Thomas Domres sagt, die Debatte um einen kleineres Parlament sei nicht neu. Er will sich der Diskussion nicht verschließen, sieht aber akut keinen Bedarf.

SPD und Grünen sind ebenfalls gegen die Schrumpfung. Brandenburg habe schon recht große Wahlkreise, argumentiert der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Ness. Damit steht fest, das Vidas Vorstoß keine Aussicht auf Erfolg hat. Nur die AfD schlägt sich auf seine Seite, geht sogar noch einen Schritt weiter, denn ihr würden 64 Abgeordnete genügen, wie Fraktionschef Alexander Gauland erklärt.

Im sächsischen Landtag sitzen derzeit 126 Abgeordnete, in den von Sachsen-Anhalt 105, in dem von Thüringen 91 und in dem von Mecklenburg-Vorpommern 71. Das kleine Saarland hat wie gesagt 51 Landtagsabgeordnete, das große Bayern 180, das bevölkerungsreiche Nordrhein-Westfalen 237.

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