Schweriner Regierung zahlt Praktikanten weiterhin kein Geld
Unbezahlte Praktika: Linksfraktion im Nordosten verlangt Änderung der gängigen Praxis / Grüne kritisieren Ungerechtigkeit
Berlin. An der Entlohnungspraxis für Praktikanten in Ministerien und Landesbehörden Mecklenburg-Vorpommerns wird sich trotz Gesetzesänderung im Bund nichts ändern. Zwar sichere das Tarifautonomiestärkungsgesetz Praktikanten, für die »nicht das Reinschnuppern ins Unternehmen oder das Lernen im Vordergrund steht« Anspruch auf den Mindestlohn von 8,50 Euro. Doch gebe es Ausnahmen, erklärte Sozialministerin Birgit Hesse (SPD) am Freitag im Schweriner Landtag.
Für Pflichtpraktika und bis zu dreimonatige freiwillige Praktika zur Berufsorientierung oder als Teil des Studiums gelte die neue Regelung nicht. Zumeist handele es sich dabei um Schüler und Studenten, die auch Praktika in den Landesbehörden absolvierten. Sie habe Verständnis für Forderungen, auch diesen Praktikanten wenigstens den Aufwand zu vergüten. »Das widerspricht aber nach Aussage des Finanzministeriums der Landeshaushaltsordnung«, sagte Hesse. Danach seien nur die Ausgaben zu berücksichtigen, die zur Erfüllung der Aufgaben des Landes notwendig sind.
Die Linke hatte unter Hinweis auf die Vielzahl von Praktikanten in den Behörden des Landes eine Änderung der gängigen Praxis verlangt. Mit der Ablehnung des Antrags hätten SPD und CDU nun aber deutlich gemacht, »dass sie das Problem der unbezahlten Praktika nicht ernst nehmen«, monierte Henning Foerster von der Linksfraktion. Im Vorjahr hätten nur drei von gut 1200 Praktikanten von der Landesregierung eine Vergütung erhalten. Unbezahlt geleistete Arbeit bleibe so nicht nur Praxis in der privaten Wirtschaft, sondern auch in den Ministerien des Landes und ihren nachgeordneten Behörden.
Eine Parlamentarische Anfrage der Grünen-Fraktion hatte die Fakten zutage gefördert. »Wie diese Landesregierung mit ihren Praktikanten umgeht, ist ungerecht. Die vorliegenden Zahlen sind der beste Beweis dafür, dass wir dringend Grundsätze für faire Praktika in der Landesverwaltung brauchen«, betonte der Grünen-Abgeordnete Johannes Saalfeld. Die Landesregierung könne sich nicht auf der einen Seite über das niedrige Lohnniveau im Land beklagen und auf der anderen Seite selbst mit schlechten Beispiel vorangehen. »Zu einem fairen Praktikum gehört auch eine angemessene Vergütung«, mahnte Saalfeld. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.