Fahimis Wahlwochen kommen nicht gut an

Linke und Grüne: Politikverdrossenheit liegt nicht am Wahlgesetz, sondern an der Großen Koalition / CSU weist Vorstoß zurück: Werden wir nicht zulassen

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Die Vorschläge von SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi für ein neues Wahlverfahren stoßen auf Zurückhaltung. Vom Koalitionspartner CSU kommt sogar schroffe Ablehnung. Nach Generalsekretär Andreas Scheuer wandte sich auch Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt gegen Fahimis Idee, als Mittel gegen sinkende Wahlbeteiligung ganze Wahlwochen einzuführen und Wahlkabinen auch an öffentlichen Orten wie Supermärkten aufzustellen.

Mit der Briefwahl könnten die Menschen schon heute am heimischen Küchentisch ihre Bürgerpflicht erfüllen, sagte die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. »Näher am Wähler geht nicht.« Wer die Möglichkeit der Briefwahl nicht wahrnehme, gehe auch nirgendwo anders hin. CSU-Generalsekretär Scheuer vertrat die Ansicht, Fahimis Vorschlag werde allenfalls Kopfschütteln hervorrufen - bei Wählern, Wahlhelfern und Kandidaten. »Etwas Praxisfernes und Manipulationsanfälliges werden wir in unserer funktionierenden Demokratie nicht zulassen«, sagte er der »Welt am Sonntag«.

Auch die Linke sieht zunächst die Politik in der Pflicht. »Die Ursache für die Wahlmüdigkeit sehe ich weniger im Wahlgesetz als vielmehr in der Politik der Bundesregierungen der letzten Jahre und dem politischen Zustand des Landes allgemein«, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag, Petra Sitte, der »Passauer Neuen Presse«.

Grünen-Chefin Simone Peter äußerte sich ebenfalls skeptisch. Generell beteiligten sich die Grünen gern an Diskussionen darüber, wie Wahlbeteiligung erhöht werden könne, sagte sie der »Welt«. »Aber die schwindende Wahlbeteiligung muss man auch an der Wurzel bekämpfen.« Dazu seien wieder mehr ehrliche Diskurse und glaubwürdige Politik nötig. Peter warf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, mit ihrem Regierungsstil zur Politikmüdigkeit beizutragen. »Die Regierungsarbeit Frau Merkels setzt bewusst darauf, das Interesse der Menschen an Politik einzunebeln.« Sie verwies zugleich auf die Vorschläge der Grünen zur Ankurbelung der Wahlbeteiligung, zum Beispiel eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre sowie mehr direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung.

Fahimi hatte auf das Beispiel Schweden verwiesen, wo es nicht nur einen einzigen Wahltag gebe, sondern ganze Wahlwochen, in denen man seine Stimme abgeben könne - »und zwar nicht nur an seinem Wohnort, sondern überall«. Ihre Vorschläge will sie Anfang des Jahres mit ihren Kollegen der anderen Parteien diskutieren. nd/Agenturen

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.