Sharmas neuer Job
Ex-Bundesschatzmeister der Linkspartei ist nun Büroleiter von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Albig / Jurist will wieder in die SPD eintreten
Es war im vergangenen August, da twitterte Raju Sharma ein Foto von einem Brief, auf dem sein Name mit einer Adresse und dem Zusatz »Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen« zu lesen war. Der Kommentar des früheren Bundesschatzmeisters der Linkspartei: »Tststs ... bei so gravierenden Veränderungen muss es doch andere Informationswege geben als schnöde Lobbyistenpost«.
Von wem das damalige Schreiben stammte, ist dem Autor nicht bekannt. Dass sich in Sharmas Leben etwas verändert hat, macht nun aber aktuell ein paar kleine Schlagzeilen: Der frühere Bundestagsabgeordnete will laut »Hamburger Morgenpost« wieder Mitglied der SPD werden, aus der Linken sei er schon im Oktober ausgetreten. Bekannt wurde diese Entscheidung des 50-Jährigen, weil er einen neuen Job hat: Seit Anfang des Jahres ist der Jurist Büroleiter von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig, ebenfalls ein Sozialdemokrat.
Wechsel zwischen SPD und Linkspartei sind so selten in der Vergangenheit nicht gewesen - und keineswegs gab es dabei Bewegung nur in eine Richtung. Mal waren linke Sozialdemokraten von der SPD enttäuscht, mal aber auch in der Linken engagierte Menschen von der neu gegründeten Partei. Sharma gehörte bereits von 1992 bis 2005 der SPD an, vorher engagierte er sich unter anderem in der Friedensbewegung und in der DKP. 2005 schließlich kam er zur Linkspartei, managte dort auf Landesebene die Fusion mit der Wahlalternative mit - und vor allem, er übernahm Posten in Finanzrevisionskommissionen. Nicht gerade Ämter, die als vergnügungssteuerpflichtig bekannt sind - und doch sind sie wichtig, geht es doch auch und gerade in Parteien ums Geld.
Im Mai 2010 wurde Sharma zum Bundesschatzmeister der Linkspartei gewählt. Zwei Jahre später gewann er bei der Wiederkandidatur gegen einen anderen Kandidaten, den heutigen saarländischen Landtagsabgeordneten Heinz Bierbaum, der bis dahin Parteivize war. 2014 dann hatte Sharma wieder einen Gegenkandidaten - diesmal unterlag er. Die Niederlage macht Schlagzeilen, es stand der Vorwurf im Raum, die Parteispitze hätte sich gegen den eigenen Schatzmeister gestellt, die Personalie geriet zum Streitfall in der Linkspartei: Sharma fühlte sich ungerecht behandelt, und das ist noch zurückhaltend ausgedrückt. Er sei »durch mit der Linken«, hat er der »Hamburger Morgenpost« nun erklärt.
Sharma, der zum Rechtsanwalt ausgebildet wurde, später aber vor allem im Landesdienst in Schleswig-Holstein arbeitete, war nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag 2013 wieder in die Kieler Staatskanzlei zurückgekehrt. Dort hatte er unter anderem unter dem CDU-Ministerpräsidenten Carstensen ein Referat für geleitet, das für Minderheitenpolitik und Religion zuständig war. Außerdem war Sharma im Hauptpersonalrat für seine Kollegen engagiert. Anfang 2014 übernahm er das Referat für Ressortkoordinierung Justiz, Kultur und Europa - da war Albig bereits Ministerpräsident. Die »Hamburger Morgenpost« schreibt, dem Sozialdemokraten wäre die Parteizugehörigkeit Sharmas egal gewesen.
Darin kann man angesichts der vielen Aufgaben, die der Sohn eines indischen Vaters und einer deutschen Mutter bereits in der Politikszene der nördlichsten Landeshauptstadt übernommen hatte, vor allem fachliche Anerkennung sehen. Albig demonstriert aber auch so etwas wie politischen Sportsgeist: Sharma war 2009 gegen den damaligen SPD-Kandidaten Albig erfolglos zur OB-Wahl in Kiel angetreten. Nun ziehen die Kontrahenten von einst zumindest arbeitsorganisatorisch an einem Strang. Auch politisch dürfte es Schnittmengen geben - ein Beispiel: Die amtierende Landesregierung in Schleswig-Holstein hat ebenso wie Rot-Rot-Grün in Thüringen einen Winter-Abschiebestopp verhängt hat und dem so genannten Asylkompromiss II vom Herbst vergangenen Jahres nicht zugestimmt.
Seine Entscheidung, wieder einen Antrag auf Mitgliedschaft in der SPD zu stellen, habe mit dem neuen Job in Kiel nicht zu tun, sagt Sharma. Den Schritt des als gewitzt und kompetent bekannten Hanseaten, von dem manch ein Linkenpolitiker sagt, er sei einstweilen etwas stur, kommentierte ein früherer Weggefährte am Donnerstag mit den Worten: Er wünsche ihm im neuen Job viel Glück - werde ihn aber in der Linkspartei vermissen.
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