Konkurrenz für Berlin und Hamburg
Auch in Boston wird nun die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2024 angepeilt - mit guten Aussichten
Es war eine deftige Überraschung, wie die 15 Vorstandsmitglieder des »United States Olympic Committee« (USOC) am Donnerstag in Denver abstimmten: Nicht das vermeintlich favorisierte San Francisco, nicht Los Angeles, Olympiaausrichter von 1932 und 1984, und auch nicht die Hauptstadt Washington sollen sich nach dem Willen des USOC um Olympia 2024 bemühen, nein: Die kleinste aller Bewerberstädte soll das Rennen machen - Boston.
Mit einer 4,5 Milliarden Dollar teuren Bewerbung soll die 642 000-Einwohnerstadt die Granden des Internationalen Olympischen Komitees überzeugen. In der Reihe der davor erwählten Ausrichterstädte Peking, London, Rio und Tokio nehmen sich die Bewerber von der Ostküste kümmerlich aus, aber hinter der Entscheidung steckt Kalkül. Das Konzept der Bostoner Spiele entspricht in weiten Teilen der neuen »Agenda 2020«, die das IOC jüngst verabschiedet hat. Kleiner, nachhaltiger, billiger.
Ein Stadion für 60 000 Menschen in Modularbauweise soll an der Autobahn I93 errichtet werden, ansonsten sollen die vorhandenen Sportstätten, genutzt werden, beispielsweise der Fenway Park der Baseballer der Boston Red Sox. Kein Dollar Steuergeld soll für Sportstätten oder Ablauf der Spiele ausgegeben werden, verspricht die Bewerbergesellschaft, die von einer Gruppe schwerreicher Bostoner Geschäftsleute finanziert wird, unter anderem der Mitbesitzer der Red Sox. Allein die Infrastrukturmaßnahmen müssten von der öffentlichen Hand bestritten werden.
Einer der ersten Gratulanten war der Präsident des olympiaversessenen Landes: Barack Obama, der versprach, die Bemühungen der Bostoner tatkräftig zu unterstützen. Im olympischen Business sind die USA unumstritten die Nummer eins und dass der Fünf-Ringe-Zirkus 1996 in Atlanta letztmals sein Sommerzelt aufgestellt hat, macht aus Boston auf Anhieb einen Favoriten. Zumal langjährige Verstimmungen zwischen dem IOC und dem USOC seit 2012 so gut wie beigelegt sind. Acht Milliarden Dollar zahlt NBCUniversal für die Übertragungsrechte an den Spielen im Zeitraum 2021 bis 2032.
Vom IOC kam denn auch umgehend Zustimmung: »Die Bewerbung von Boston wird stark sein«, verkündete IOC-Präsident Thomas Bach und spielte damit auf »Boston strong« an, die Formulierung, die nach dem Bombenattentat auf den Bostoner Marathon 2013 zu einem geflügelten Wort wurde - für die Fähigkeit, auch nach schweren Schlägen weiterzukämpfen.
Auch in Boston gibt es übrigens eine starke Anti-Olympiabewegung. »No Boston Olympics« befürchtet vor allem die Verschwendung von Steuergeld und fordert eine Volksabstimmung über die Olympiaausrichtung. Die aktuelle USOC-Entscheidung ist noch keine offizielle Bewerbung. Die muss bis 15. September 2015 beim IOC eingereicht sein. Bis auf Rom hat das aber noch keine der potenziellen Bewerberstädte getan. In Deutschland muss noch entschieden werden, ob Hamburg oder Berlin ins Rennen geschickt werden. Sollte die Wahl auf Berlin fallen, steht am 13. September 2015 eine Bürgerbefragung an, wie der Senat an diesem Freitag bekannt gab.
Außerdem erwägen Istanbul, Baku und Budapest eine Bewerbung, auch in Doha (Katar) und in Kapstadt (Südafrika) werden Olympiapläne gehegt. Im Januar wollte sich ursprünglich auch das französische Nationale Olympische Komitee festlegen, ob es in den Wettstreit um Olympia 2024 einsteigt: mit Paris.
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