Weltweites Gedenken an die Anschlagsopfer
Über eine Million in Paris, Hunderttausende in Frankreich, Abertausende in vielen Städten rund um die Erde / Nach Anschlag auf »Charlie Hebdo« und Geiselnahme in jüdischem Geschäft
Update 18 Uhr: Hunderte von Menschen haben am Sonntag in London aus Solidarität mit den Terroropfern von Paris an einer Mahnwache auf dem Trafalgar Square teilgenommen. Vizepremier Nick Clegg, Londons Bürgermeister Boris Johnson und die französische Botschafterin in London, Sylvie Bermann, gehörten dazu. Am Regierungssitz Downing Street wurde zum Start der Massendemonstration in Paris die Flagge auf halbmast gesetzt. Als weiteres Zeichen der Solidarität wurden Londoner Wahrzeichen in den Farben der Fahne Frankreichs, der Tricolore, angestrahlt. An der Tower Bridge wurde bei Einbruch der Dunkelheit die französische Flagge gehisst, bevor an der weltberühmten Brücke alle Lichter ausgingen. Aus dem Brunnen am Trafalgar Square spross das Wasser in den Farben blau, weiß, rot. Das Riesenrad London Eye drehte sich ohne Lichter, während das dahinterliegende Gebäude in den Farben der Tricolore angestrahlt wurde.
Update 17.50 Uhr: Mehr als zwei Millionen Menschen haben am Sonntag in zahlreichen französischen Städten an Solidaritätsmärschen für die 17 Opfer der islamistischen Terroranschläge teilgenommen. Weit über eine Million waren es nach Schätzungen der Organisatoren allein in Paris. Zahlen der Polizei lagen zunächst nicht vor. Außerhalb der Hauptstadt gingen nach noch nicht abgeschlossenen Berechnungen mehr als eine Million Menschen gegen den Terror auf die Straße.
Update 17.20 Uhr: Mit bewegenden Gesten haben französische Sportler am Wochenende der Opfer des Terroranschlags in ihrer Heimat gedacht. In der französischen und auch der spanischen Fußball-Liga gab es vor allen Spielen Schweigeminuten in den Stadien. In Frankreich hielten tausende Fans in Lille, Nizza, Evian, Guingamp und Reims Transparente mit der Aufschrift »Je suis Charlie« in die Höhe. Der zweimalige Schwimm-Olympiasieger Yannick Agnel spendete sein Preisgeld von einem Meeting im Pariser Vorort Courbevoie dem Satireblatt »Charlie Hebdo«. Bei seinem zweiten Platz beim Riesenslalom in Adelboden zählte Alexis Pinturault zu den französischen Skifahrern, die auf ihren Helmen »Je suis Charlie«-Botschaften trugen. Vor dem Rugby-Spiel zwischen Toulon und Racing Metro wurde eine gemeinsame Schweigeminute aller Athleten mit langem Applaus bedacht. In der englischen Premier League widmete der französische Angreifer Bafetimbi Gomis von Swansea City seinen Kopfballtreffer zum 1:1 gegen West Ham United den Opfern des Anschlags in seiner Heimat. Gomis hielt nach seinem Tor eine französische Fahne in die Höhe. In der italienischen Serie A lief Lazio Rom beim 2:2 gegen den Stadtrivalen AS mit Trikots mit der Aufschrift »Je suis Charlie« auf. Auch in Montréal gab es eine Geste des Gedenkens. Vor der Partie der nordamerikanischen Eishockey-Profiliga NHL zwischen den gastgebenden Canadiens und den Pittsburgh Penguins wurde die französische Nationalhymne gespielt und die französische Fahne auf der Anzeigetafel und dem Eis gezeigt.
Update 17.15 Uhr: Mit einem Solidaritätsmarsch haben am Sonntag in der belgischen Hauptstadt Brüssel rund 20.000 Menschen für Redefreiheit und gegen Hass demonstriert. Das berichtete die belgische Nachrichtenagentur Belga unter Berufung auf die Polizei. Der Marsch stand unter dem Motto »Gemeinsam gegen den Hass«. Mit dabei waren laut Belga belgische Politiker, Medienleute und Verbandsvertreter. Nach Angaben der Brüsseler EU-Kommission wollten auch mehrere EU-Kommissare teilnehmen.
Update 17.10 Uhr: Auch in mehreren Städten in Spanien fanden Solidaritätskundgebungen für die Opfer der jüngsten Terroranschläge in Paris statt. In Madrid protestierten Hunderte Menschen gegen den islamistischen Terror. Zu der Kundgebung am Atocha-Bahnhof hatte die arabische Kulturstiftung Funca aufgerufen. Der Bahnhof war 2004 der Hauptschauplatz islamistischer Bombenanschläge auf vier Pendlerzüge gewesen, bei denen 191 Menschen getötet worden waren. In anderen spanischen Städten wie La Coruña, Valencia oder Palma de Mallorca fanden ähnliche Kundgebungen statt.
Update 17.05 Uhr: Schon Stunden vor dem Marsch gegen den Terror war der Platz der Republik in Paris schwarz vor Menschen. Die Mobilisierung ist beispiellos. Zehn Metro-Stationen sind von vorneherein geschlossen, Zehntausende müssen kilometerweit bis zum Platz laufen, weil die Transportmittel bereits überquellen. »Je suis Charlie, policier, juif« (ich bin Charlie, Polizist, Jude) steht auf dem Schild einer jungen Demonstrantin, die damit gleich an alle Opfer der schlimmen Serie von Attentaten und Geiselnahmen der vergangenen Tage erinnert. Auf den Dächern wachen Scharfschützen über die Sicherheit der prominenten Demonstranten, Polizei und Militär begleiten die Menge. Die Kanalisation haben sie zuvor auf Bomben kontrolliert. »Holt eure Stifte heraus«, fordern Schilder in Verbeugung vor den vier Cartoonisten, die neben acht anderen Menschen beim Anschlag auf »Charlie Hebdo« kaltblütig umgebracht worden waren. »Die Franzosen sind stark in solchen Augenblicken«, meint der 18-jährige Xavier Declerck, um ganz differenziert anzufügen: »Nicht der Islam hat uns angegriffen, es sind Terroristen, die uns angegriffen haben.«
Update 17 Uhr: Die Zahl der Menschen, die in Berlin gemeinsam der Opfer der Terrorattacken in Paris gedachten, hat alle Erwartungen übertroffen. Rund 18.000 seien am Sonntag trotz des Sturms auf den Pariser Platz und die umliegenden Straßen gekommen, sagte ein Sprecher der Polizei. Darunter waren auch viele Kinder und Mütter mit Babys. Erinnert wurde an den islamistischen Anschlag auf die Redaktion des religionskritischen Satiremagazins »Charlie Hebdo«. Zahlreiche Menschen hielten Schilder hoch, auf denen stand »Je suis Charlie«. Außerdem wurde ein großes Plakat gezeigt, auf dem es hieß: »Berlin ist Charlie«. Die Veranstalter hatten mit etwa 6000 Teilnehmern gerechnet.
Update 16.55 Uhr: Nicht nur in Paris - auch in zahlreichen anderen Städten im ganzen Land haben am Sonntag Hunderttausende Franzosen ihre Solidarität mit den Opfern der jüngsten Terroranschläge demonstriert. Die französische Nachrichtenagentur AFP berichtete von mindestens einer halben Million Teilnehmern bei Aufzügen außerhalb der Hauptstadt. Bereits am Samstag seien in ganz Frankreich 700.000 Menschen auf die Straße gegangen. Allein im Elsass demonstrierten am Sonntag Zehntausende Menschen ihre Solidarität mit den ermordeten Mitarbeitern der Satirezeitschrift »Charlie Hebdo«. In Straßburg beteiligten sich nach Angaben der französischen Präfektur mehr als 30.000 Menschen an dem kilometerlangen Demonstrationszug, mehr als 26.000 demonstrierten im südelsässischen Mülhausen, in Colmar waren es etwa 10.000. Auf Schildern stand »Wir sind alle Charlie« in mehreren Sprachen. Einige hielten überdimensionale Bleistifte aus Pappe oder Holz als Symbol der Meinungsfreiheit. Vertreter der Religionsgemeinschaften und Regionalpolitiker liefen an den Spitzen der Züge.
Update 16.35 Uhr: Es ist eine der größten Kundgebungen der Nachkriegszeit: Hunderttausende demonstrieren in Paris ihre Solidarität mit den Opfern und Hinterbliebenen der Opfer der Pariser Terroranschläge. Menschen aus aller Welt versammelten sich unweit der Place de la République. Außerhalb von Paris demonstrierten in zahlreichen französischen Städten ingesamt rund 500.000 Menschen, berichteten französische Medien.
Update 16.15 Uhr: Die in Paris versammelten internationalen Staats- und Regierungschefs haben nach einer guten Viertelstunde ihre Teilnahme an dem großen Pariser Solidaritätsmarsch beendet. Der französische Staatspräsident François Hollande blieb am Sonntagnachmittag an Ort und Stelle und sprach mit den Angehörigen der Opfer, wie französische Medien berichteten. Zuvor hatte der 60-Jährige viele der Staats- und Regierungschefs umarmt. Mit dem Marsch gegen den Terror in Paris zeigt Europa nach den Worten von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) seine Solidarität mit Frankreich und den Opfern. »Wir stehen fest und entschieden an der Seite unserer französischen Freunde und Nachbarn«, sagte Steinmeier am Sonntag in Paris nach Angaben seines Ministeriums. Die blutigen Anschläge richteten sich nicht nur gegen Frankreich. »Sie richteten sich gegen unsere Demokratien, unsere Werte und unsere offenen Gesellschaften«, sagte Steinmeier. Frankreich und Europa würden entschlossen für Freiheit und Demokratie einstehen und »sich nicht vom Terror und den Terroristen einschüchtern lassen«. Aus Sicht Steinmeiers zeigt die Kundgebung von Paris: »Heute schlägt das Herz Europas französisch.« Demokratie, Freiheit und Solidarität seien »stärker als die grenzenlose Barbarei des Terrors«.
Update 16 Uhr: Mehrere tausend Menschen haben in Berlin der Opfer der Terrorattacken in Paris gedacht und ihre Solidarität bekundet. Sie trafen sich am Sonntag vor der französischen Botschaft am Brandenburger Tor zu einer Mahnwache, um an den islamistischen Anschlag auf die Redaktion des religionskritischen Satiremagazins »Charlie Hebdo« zu erinnern. Auch anderswo in Deutschland waren Gedenkveranstaltungen geplant. So versammelten sich in Hannover rund 300 Franzosen und Deutsche zu einer Solidaritätskundgebung. Etliche hielten - im Gedenken an die in Frankreich getöteten Karikaturisten - Kugelschreiber oder Bleistifte als Zeichen der Pressefreiheit in die Höhe.
Update 14.50 Uhr: Auch abseits des zentralen Gedenkmarschs für die Opfer der islamistischen Anschlagsserie in Paris sind am Sonntag erneut zehntausende Franzosen auf die Straße gegangen. Landesweit nahmen mehr als 150.000 Menschen an Kundgebungen in mehreren Städten teil. In Saint-Étienne setzten nach Angaben der Polizei etwa 60.000 Demonstranten ein Zeichen gegen religiösen Fanatismus, in Perpignan beteiligten sich rund 40.000 Menschen an einer Kundgebung zu Ehren der 17 Getöteten.
Update 13.25 Uhr: Schon Stunden vor dem großen Gedenkmarsch für die Opfer der islamistischen Anschlagsserie haben sich in Paris tausende Menschen versammelt. Bereits am Mittag strömten zahlreiche Menschen in Richtung Place de la République, wo der Gedenkzug am Nachmittag unter Teilnahme von Familienmitgliedern der Opfer starten sollte. Frankreichs Präsident François Hollande sagte am Mittag, »das ganze Land« werde aufstehen für seine Werte. »Paris ist heute die Hauptstadt der Welt«, fügte er bei einem Ministertreffen im Elysée-Palast nach Angaben aus seinem Umfeld hinzu.
Paris vor Großkundgebung
Mit einer großen Demonstration gegen religiös motivierten Terrorismus wollen Politiker aus aller Welt sowie Hunderttausende Bürger in Paris ein Zeichen der Solidarität mit den Opfern der Anschlagswelle setzen. Etwa 40 Staats- und Regierungschefs, darunter auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, wurden auf Einladung des französischen Staatspräsidenten François Hollande zu der beispiellosen Großkundgebung an diesem Sonntag erwartet.
Mit dem Schweigemarsch soll auch ein Zeichen der Geschlossenheit im Kampf gegen den Terrorismus gesetzt werden. Zwölf Menschen starben am Mittwoch beim Anschlag auf das Satiremagazin, eine Polizistin wurde am Donnerstag bei einer Schießerei im Süden von Paris getötet, vier Menschen brachte einer der Terroristen am Freitag bei einer Geiselnahme in einem jüdischen Geschäft im Osten von Paris um.
Zu der Solidaritätsveranstaltung werden aus Deutschland neben Merkel und Vizekanzler Sigmar Gabriel auch die Minister Frank-Walter Steinmeier (Außen) und Thomas de Maizière (Innen) erwartet. Letzterer trifft sich zuvor mit EU-Kollegen, um über Konsequenzen im Kampf gegen den Terrorismus zu beraten. Daran nimmt auch US-Justizminister Eric Holder teil.
Aus Europa haben unter anderem auch die Spitzen der EU sowie die Regierungschefs Großbritanniens, Italiens, Spaniens, Dänemarks, Belgiens, der Niederlande, Finnlands, Griechenlands, Polens, Portugals, Schwedens, Tschechiens, Ungarns, Lettlands, Bulgariens, Kroatiens und Rumäniens ihre Teilnahme zugesagt.
Dabei sein werden auch der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu und sein Außenminister Avigdor Lieberman sowie Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Jordaniens König Abdullah II., der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, Russlands Außenminister Sergej Lawrow und der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu.
Angesichts möglicher weiterer Anschläge durch Islamisten sollen 5500 Polizisten und Soldaten für die Sicherheit der Teilnehmer des Schweigemarsches sorgen. Schon am Samstag waren in ganz Frankreich insgesamt 700.000 Menschen auf die Straße gegangen und hatten der 17 Todesopfer der Gewalttaten von Paris gedacht.
Die französischen Ermittler suchen nach dem dramatischen Ende der Anti-Terror-Einsätze weiter unter Hochdruck nach möglichen Unterstützern der islamistischen Gewalttäter. Intensiv gefahndet wurde nach der flüchtigen Lebensgefährtin eines der getöteten Terroristen - die 26-Jährige soll Frankreich aber schon einige Tage vor dem Anschlag auf das Satireblatt »Charlie Hebdo« verlassen haben und in Syrien sein, berichteten französische Medien. Auch nach dem Tod der drei Attentäter am Freitag galt weiterhin die höchste Alarmstufe.
Die Terrorgruppe Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) drohte Frankreich mit weiteren Anschlägen. Auch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) drohte mit einer größeren Terrorkampagne und weiteren Angriffen in Europa und den USA.
Die beiden Brüder Chérif (32) und Said Kouachi (34), die am Mittwoch in der »Charlie-Hebdo«-Redaktion ein Blutbad mit zwölf Toten angerichtet hatten, riefen dabei »Allah ist groß« und »Wir haben den Propheten gerächt«. Sie behaupteten, zur Terror-Organisation Al-Kaida zu gehören. Der jüngere der beiden hatte sich nach Erkenntnissen der Ermittler 2011 im Jemen aufgehalten. Einen Zusammenhang mit IS behauptete auch Amedy Coulibaly (32), der erst eine Polizistin und sspäter vier Geiseln in dem jüdischen Geschäft erschossen hatte. dpa/nd
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