Distanzlos
Frank Richter – Landeszentralenchef mit Abgrenzungsproblemen
Mangelnde Flexibilität kann man Frank Richter nicht vorwerfen. Nachdem Rücktrittsforderungen gegen den Chef der Sächsischen Landeszentrale für Politische Bildung laut werden, weil er dem Pegida-Verein einen Saal für dessen Pressekonferenz zur Verfügung gestellt hatte, lädt er nun die Kritiker ein: Donnerstagabend dürfen sich alle, die den Umgang der Landeszentrale mit der rassistischen Bürgerbewegung für ein Problem halten, zur Diskussion einfinden.
Entschärfung durch Zusammensetzen, das ist das Markenzeichen des 1960 in Meißen geborenen Theologen und Ex-Priesters: Als junger Kaplan gehörte Richter zur »Gruppe der 20«, die aus einer Konfliktsituation auf der Dresdner Demonstration vom 8. Oktober 1989 entstand und dann eine wichtige Rolle spielte; von 2011 bis 2013 war er »Moderator« der »AG 13. Februar«, die nach Jahren der Sprachlosigkeit und Mobilmachung gegen Linke endlich ein Statement gegen die Nazimärsche an den Bombenjahrestagen zustande brachte.
Die Rolle des großen Vermittlers ist freilich auch eine, in der sich Richter ausnehmend gut gefällt. 2013 stieg er erst aus der Februar-AG aus, weil die Oberbürgermeisterin nicht wollte, dass dieselbe - sprich: Richter - zu sehr in die Kulturpolitik hineinregierte. Dann geriet der seit 2009 amtierende Landeszentralenleiter in die Kritik, weil er zu einer Veranstaltung mit Parteienvertretern nicht nur die NPD einlud, sondern sich öffentlich gegen deren »Exkommunikation« aussprach.
Ähnlich distanzlos agiert er nun gegenüber jenen, deren Märsche regelmäßig an der Volksverhetzung kratzen: »Islam = Karzinom«; es war kreuzpeinlich, wie er sich der Pegida-Frontfrau jüngst im Fernsehen sozusagen als Taktikberater andiente.
Nun sieht es nicht nur so aus, als wäre der CDU-nahe Richter die Vorhut jener Öffnung zu Pegida, die sich bei den Konservativen abzeichnet. Hier mimt der Träger eines heiklen Amts den obersten Seelsorger. Zwischen dieser Mission und seiner Funktion wird sich Richter nun entscheiden müssen - ein für alle Mal.
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