Wachablösung im Mittelalter

Bruder Salman folgt dem gestorbenen König Abdullah auf Saudi-Arabiens Thron

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 2 Min.
König Abdullah ist tot, sein Nachfolger Salman schon auf dem Thron. Auch aus Deutschland kommen derweil Lobeshymnen für den Verschiedenen und sein Reich, das mittelalterlichste Regime der Region.

Der saudi-arabische König ist am Donnerstag im Alter von 90 Jahren gestorben - oder doch mit 91? Selbst SPA, die Nachrichtenagentur des Landes, lässt das Mysterium des Monarchen Abdullah ibn Abd al-Aziz al-Saud bestehen. Das Königreich gab es bei seiner Geburt noch gar nicht. Erst Abdullahs Vater Abd al-Aziz ibn Saud schuf es 1932, indem er die Stämme des größten Teils der Arabischen Halbinsel auf den Führungsanspruch seines Clans einschwor, die einen mit Geschenken, die anderen mit dem Schwert. Auch sein Geburtsjahr ist offiziell nicht bekannt.

Er selbst gab es mit »etwa 1875« an. Die Zeit ist seitdem auch in Saudi-Arabien nicht stehen geblieben, allerdings die Gesellschaftsordnung. Indem die Saud-Sippe die wahhabitische Richtung des sunnitischen Islam zur allein gelittenen im Königreich machte - an die Tolerierung anderer Religionen denkt man dort sowieso nicht im Entferntesten - wurde allen Bewohnern des Staates eine der rigidesten und intolerantesten Auslegungen des Islam aufgezwungen.

Das reicht von der politischen Betätigung über die Gerichtsbarkeit bis in kleinste Kleinigkeiten des täglichen Lebens. Nach wie vor sind Parteien und Gewerkschaften verboten; gilt die Todesstrafe für Ehebruch, meist durch Steinigung; sind Frauen nicht geschäftsfähig. Die Milliardeneinnahmen Saudi-Arabiens als seit Jahrzehnten größter Ölexporteur lassen jedoch selbst in Staaten, die sich sonst immer in der ersten Reihe der Menschenrechts-Verteidiger sehen, die große Amnesie ausbrechen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Beispiel hat Abdullah in ihrem Kondolenzschreiben Respekt und Anerkennung für »seine ausgewogene und vermittelnde Politik im Nahen Osten« ausgesprochen. Auch für die »behutsame Modernisierung seines Landes und den Dialog der islamischen Welt mit dem Westen« lobt sie Abdullah.

Beispiele dafür werden nicht angeführt. Die Finanzierung des Bürgerkrieges gegen die nichtsunnitischen Regierungen in Bagdad und Damaskus lässt sich auch schwer als »vermittelnde Nahostpolitik« einordnen. Im Gegenteil. Besonders in Abdullahs Regierungszeit seit 2005 förderten saudische religiöse Stiftungen aggressiv-intolerante islamische Strömungen in aller Welt. Sie sind auch Keimzellen des sogenannten Islamischen Staats in Irak und Syrien. Fällt das auch unter »Dialog mit dem Westen«? Worauf Merkels schmeichelhafte Worte abzielen, ist wohl eher die Hoffnung auf weitere Vasallenschaft gegenüber den westlichen Staaten, besonders den USA.

Der neue saudische König Salman ibn Abd al-Aziz al-Saud, 79-jähriger Bruder des Toten, will die Politik seiner Vorgänger fortsetzen, erklärte er am Freitag in einer TV-Ansprache.

Was die Positionen gegenüber dem Westen betrifft, bleibt ihm auch kaum anderes übrig. Anders als in der Regentschaft seines Vaters Abdelaziz ist Saudi-Arabien heute auf Grund der starken Präsenz von US-Truppen faktisch ein besetztes Land.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.