Moschee ist akzeptiert, aber nicht geliebt

Eine Reportage über die Khadija-Moschee in Heinersdorf, deren Bau in der Nachbarschaft einst umstritten war

  • Mehmet Ata
  • Lesedauer: 4 Min.
Heftige Proteste begleiteten den Bau der Khadija-Moschee in Heinersdorf vor rund acht Jahren. Heute ist das Verhältnis zwischen Gemeinde und Anwohnern besser, aber innig ist es nicht.

Neujahrsempfang bei der Khadija-Gemeinde: 150 Gäste sind an diesem Mittwochabend in den Bau mit Kuppel und Minarett in Heinersdorf gekommen. Unter den Gästen sind Bundestagsabgeordnete und Vertreter von christlichen und jüdischen Gemeinden. Nachbarn finden sich dagegen kaum ein. »Das Verhältnis der Gemeinde zu den Anwohnern ist meist etwas distanziert, aber nicht unfreundlich«, sagt Muhammad Asif Sadiq, der Sprecher der Khadija-Moschee.

Das war schon schlimmer - einige Redner beim Empfang erinnern daran, wie sehr die Moschee schon vor ihrem Bau den Stadtteil gespalten hat. Viele Anwohner hatten Angst vor steigender Kriminalität, Überfremdung und fallenden Immobilienpreisen im Stadtteil, als die Gemeinde beim Bezirk eine Baugenehmigung beantragte. Gerüchte machten sich im Viertel breit; etwa dass die Moschee in der Nähe der Autobahnverbindung gebaut werde, damit Gemeindemitglieder nach einem Anschlag möglichst schnell flüchten können. Bis zu 3000 Menschen gingen gegen die Moschee auf die Straße.

Diese Ängste gibt es nicht mehr. Geliebt wird die Moschee aber noch immer nicht. René Stadtkewitz, Vorsitzender von Pax Europa und von 2006 bis 2007 Vorsitzender der CDU Pankow sowie Gründer der extrem rechten Partei »Die Freiheit«, war schon damals gegen die Moschee: »Die Mehrheit der Heinersdorfer ist sicher nicht froh, die Moschee zu haben. Aber man hat sich mit ihr arrangiert«, sagt er heute. »Viele Befürchtungen der Anwohner haben sich nicht bewahrheitet.« Alle drei Seiten hätten sich mittlerweile beruhigt: die Heinersdorfer, die Moschee-Gemeinde und die Kommunalpolitik.

Islamisten sind hier ohnehin nicht geschätzt: Fast alle Redner sprechen beim Neujahrsempfang die Anschläge von Paris an und distanzieren sich klar, auch der Imam der Moschee, die zur weltweiten Ahmadiyya-Gemeinde gehört. Und Sadiq erzählt, dass einige Anwohner, die seinerzeit an den Protesten teilgenommen hätten, auf die Gemeinde zugegangen seien. »Sie haben gesagt, dass sie beschämt sind, was damals im Viertel passiert ist.« Von 2006 an war es vor allem die Bürgerinitiative Ipahb (Interessengemeinschaft Pankow-Heinersdorfer Bürger), die mit Demonstrationen und Unterschriftenaktionen gegen die Moschee vorging. Sie störte sich damals vor allem an der strengen Geschlechtertrennung in der Gemeinde und daran, dass im Stadtteil selbst keine Mitglieder der Ahmadiyya-Gemeinde lebten. Auch die rechtsextreme NPD organisierte Proteste. Dann gründete sich eine andere Bürgerinitiative, »Heinersdorf öffne Dich«, und warb für Dialog.

Mitbegründerin Sandra Caspers ist auch beim Neujahrsempfang. Sie erinnert sich, wie geladen die Stimmung gegen die Moschee war: Ein Informationsabend in einer Turnhalle habe von der Polizei abgebrochen werden müssen, weil zu viele Anwohner und Rechtsextreme hereingedrängt und viele aggressiv aufgetreten seien. Sie und ihre wenigen Mitstreiter seien im Viertel angefeindet, sie einmal sogar bespuckt worden, berichtet Caspers.

Lange Zeit war unklar, ob die Moschee tatsächlich gebaut werden kann. Pankows Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD) verteidigte von Beginn an das Recht der Gemeinde darauf. »Es war für mich völlig klar, dass man Baurecht nicht politisch auslegen darf«, sagt er. Das Verhältnis des Bezirksamtes zur Gemeinde sei gut, »die Moschee gehört zum Bezirk«. Es gebe Anlässe, zu denen man sich gegenseitig einlade - mal tagt der Integrationsbeirat in der Moschee, mal sind Gemeindevertreter zu Besuch beim Neujahrsempfang des Bezirksbürgermeisters. Beschwerden von Anwohnern höre er nicht.

Die Gemeinde selbst bemüht sich um ein gutes Verhältnis zu den Anwohnern. Sie beteilige sich an Projekten im Viertel, sagt Sadiq, etwa bei der Renovierung eines Kindergartens. Und natürlich konzentriert sich die Moschee auf die eigene Gemeindearbeit: Rund 250 Mitglieder zählt sie. Es gibt Religionsunterricht für Erwachsene und Kinder, und auch Nachhilfe für Schüler. Auch Caspers von »Heinersdorf öffne dich« ist zufrieden, wie sich die Dinge im Viertel entwickelt haben. Die Proteste gegen die Moschee ebbten schnell ab, als das Gotteshaus im Oktober 2008 eröffnet wurde, die Initiative gegen die Khadija-Moschee hat sich längst aufgelöst. Das Pro-Moschee-Bündnis hingegen existiert noch. Caspers und ihre Mitstreiter betreiben einen Nachbarschaftsladen ganz in der Nähe. dpa

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.