Dokumente eines Versagens
Tom Strohschneider über Angriffe auf Flüchtlinge in Pegida-Zeiten
Seit Pegida marschiert, hat die Zahl der Angriffe auf Flüchtlinge deutlich zugenommen. Die rassistische Bedrohung von Menschenleben wächst, das ist eine empirische Realität. Ein Zusammenhang mit den schwarz-rot-gold beflaggten Aufzügen »besorgter Bürger«, auf denen eine angebliche »Islamisierung« zur Ausrede dafür wurde, gegen das Andere überhaupt Front zu machen, mag nicht immer so direkt sein wie bei dem Angriff auf jugendliche Migranten in Dresden Ende Dezember. Steigende Zahlen von Attacken auf Asylheime und anders Aussehende gab es überdies schon in den Monaten zuvor. Aber das darf nicht beruhigen.
Denn in den Zahlen der Opferberatungen und Behörden ist auch ein großes Versagen dokumentiert: nicht die nötigen Lehren aus der rassistischen Mobilisierung der frühen 1990er Jahre gezogen zu haben. Auch damals hatten sich ausländerfeindliches Ressentiment und eine Politik gegenseitig verstärkt, die glaubte, auf das deutsche Vorurteil mehr Rücksicht nehmen zu müssen als auf den nichtdeutschen Mitbürger.
Rassistische Aufmärsche wurden zu Anlässen, die der Staat ergriff - etwa mit der faktischen Abschaffung des Asylrechts. Der Staat schuf so wiederum Fakten, die jene, die da marschierten, als Bestätigung auffassen mussten. Und die einigen von denen den Weg in eine nächste Radikalisierung ebnete: die ausländerfeindliche Stimmung war der Rückraum, in dem eine Generation neonazistischer Terroristen heranwachsen konnte - der NSU.
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