Ist SYRIZA linksradikal?
Gastbeitrag: Michael Schlecht über die politische Einordnung der neuen griechischen Regierung
Kaum hat die griechische Partei SYRIZA die Wahlen gewonnen, schon geht in den Medien das vorhersehbare Trommelfeuer los: Parteichef Alexis Tsipras sei ein »Rattenfänger«, heißt es, seine Partei ein linksradikaler Haufen mit unrealistischen Forderungen, der jetzt auch noch mit der rechten Partei Anel koaliert. Eine Frage: Wenn SYRIZA »linksradikal« ist und Anel »rechtspopulistisch« – wer ist in dieser Logik dann eigentlich die goldene »Mitte«? Genau: die Parteien, die sich dem Spardiktat der Bundesregierung klaglos unterwerfen.
SYRIZA sei »linksradikal«, heißt es derzeit übereinstimmend. Will SYRIZA die Produktionsmittel vergesellschaften und eine Planwirtschaft einrichten? Nein. Schauen wir uns an: Was will SYRIZA?
Erstens die humanitäre Krise bekämpfen, die die Kürzungsprogramme im Land angerichtet haben. Dazu gehören Maßnahmen wie Nahrungsmittelhilfe für Hungernde, die Subventionierung von Wohnraum für Obdachlose, die Stundung für Kredite für überschuldete Haushalte und Strom für jene, die vom Netz abgeklemmt worden sind. Dazu kommt die medizinische Versorgung eines Drittels der Griechen, das inzwischen nicht mehr krankenversichert ist. Zusammen mit zusätzlichen Staatsangestellten kostet das pro Jahr elf Milliarden Euro – so viel, wie Griechenland dieses Jahr für Zinsen auf Schulden ausgeben wird.
In Deutschland wird jetzt auf »die Griechen« gehetzt mit dem Argument, dass »wir«, die »deutschen Steuerzahler« dort soziale Wohltaten finanzieren sollen. Dabei ist Teil des Programms der neuen Regierung, dass die Reichen stärker – oder überhaupt – besteuert werden und so die Reformen finanzieren.
Michael Schlecht (MdB) ist wirtschaftspolitischer Sprecher Fraktion DIE LINKE im Bundestag
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