Weil sie Recht haben
Kinder und Jugendliche setzen sich in der Winterakademie mit Gesetzen auseinander
Wenn trotz Ferien in dieser Woche täglich 100 Kinder und Jugendliche freiwillig zur Winterakademie kommen, dann haben sie sich das ganz genau überlegt. Viele von den Acht- bis 20-Jährigen sind sogar Wiederholungstäter. »Der Begriff passt genau zu unserem Thema«, freut sich der 15-Jährige Jonas. Schon zum dritten Mal nimmt der Schüler an dem besonderen Ferienprojekt teil. »Weil es Spaß macht, man neue Leute kennenlernt und wir gemeinsam jedes Jahr andere Dinge erforschen«, erklärt der Lichtenberger.
»Sagen wir, wir haben Recht« lautet 2015 die Aussage, mit der sich die Ferienkinder auseinandersetzen. Eine durchaus anmaßende und provokante Formulierung. Karola Marsch, die künstlerische Leiterin des beliebten Projektes, will mit diesem Titel den TeilnehmerInnen wieder reichlich Spielraum zum Recherchieren, fragen, beobachten, sammeln, filmen und fotografieren geben.
In zehn Laboren, die alle andere Namen tragen, können sich die Schüler auf Spurensuche begeben. Unter Anleitung von Künstlern, Dramaturgen und Theaterpädagogen sollen sie auf unterschiedlichen Wegen herausfinden, wer denn die Rechte macht, warum wir Gesetze brauchen und wem überhaupt Verordnungen nützen. Fragen wie: Was unterscheidet ein Gerichtsurteil von einer Meinung, gibt es für alle Situationen gerechte Entscheidungen oder aus welchen Perspektiven kann ein und derselbe Sachverhalt beurteilt werden, stehen im Mittelpunkt.
Mädchen und Jungen aus Labor 5, die sich mit der Inschrift am Reichstag »Dem Deutschen Volke« beschäftigen, wollten am Mittwoch von Gregor Gysi wissen, ob die Aufschrift noch aktuell sei oder ob er sie verändern würde. »Aus historischer und denkmalpflegerischer Sicht bin ich dafür, dass sie so bleibt«, sagte der Bundestagsabgeordnete. Hätte er allerdings die Möglichkeit den Satz zu verändern, müsste »Für unsere Bevölkerung« darauf stehen. »Weil damit dann alle in Deutschland Lebenden, egal welcher Staatsbürgerschaft sie angehören, gemeint sind«, begründete Gysi.
Eine Stunde lang nahm sich der 62-Jährige Zeit für die Winterakademie-Teilnehmer. Anna und Duc Bao vom Team der rasenden Reporter moderierten die Veranstaltung und wollten unter anderem wissen, was ihn an unserer Rechtssprache nervt, was repräsentative Demokratie ist und worin ihre Stärken und Grenzen liegen. Aus dem Publikum kamen Fragen, nach der Dresdner Pegida-Bewegung und was für ein Gesetz er sich ausdenken würde, wenn er könnte. »Die Demonstrationen bringen die Unzufriedenheit der Menschen zum Ausdruck«, betonte Gysi. Aber die Mitläufer würden in die falsche Richtung gehen, denn entscheidend sei der Charakter eines Menschen, nicht die Herkunft oder die Religion. »Per Gesetz würde ich Rüstungsexporte verbieten«, betonte er auf die zweite Frage und bekam dafür viel zustimmenden Beifall.
Als der Jurist dann über seine Kindheit plauderte und von einer »verjährten Straftat«, die sich auf das Abschneiden von Rosen aus einem fremden Garten bezog, berichtete, klatschen auch die Jüngsten mit.
Danach verschwanden die Teams wieder in ihren Laboren: werteten selbst geführte Interviews der vergangenen Tage aus, stellten eigene Regeln und Gesetze auf, überlegten sich Verbote für schlechtes Verhalten oder kreierten neue Spiele.
Am 7. Februar präsentieren dann die Teilnehmer von 16 bis 20 Uhr im Theater an der Parkaue ihre Arbeiten.
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