Fraktionschefs schützen Juncker

Untersuchungsausschuss zu Luxemburg-Leaks wurde in Brüssel abgelehnt

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein Untersuchungsausschuss hätte Klarheit in die dubiosen Steuerdeals zwischen Luxemburg und zig Konzernen bringen können. Doch die Fraktionschefs der Mehrheit im Europaparlament lehnten ihn ab.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker konnte am Donnerstag aufatmen. Die Affäre um die sogenannten Luxemburg-Leaks und seine Rolle darin als früheres Regierungsmitglied des Großherzogtums wird vorerst nur äußerst halbherzig aufgeklärt werden. Die Mehrheit der Fraktionschefs des Europaparlaments lehnte die Bildung eines Untersuchungsausschusses zur Affäre um Steuerdumping für internationale Großunternehmen in Luxemburg und anderen EU-Staaten ab. Lediglich einem Sonderausschuss mit weitaus weniger Rechten wurde zugestimmt.

»Die Große Koalition im Europäischen Parlament schützt das Kartell der Steuerdiebe«, erklärte dazu Fabio De Masi, der für die LINKE im EU-Parlament sitzt. Zusammen mit den Grünen hatte seine Fraktion die Initiative für die Bildung eines solchen Untersuchungsausschusses gestartet. Hierfür sammelten sie 192 Unterstützer unter den EU-Abgeordneten - mehr als für eine solche Initiative erforderlich ist. Darunter vertreten waren unter anderem auch Parlamentarier der Konservativen.

Ein solcher Untersuchungsausschuss hätte besonders EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker in Bedrängnis gebracht. Bevor er Anfang November 2014 dieses Amt antrat, war er 20 Jahre lang Finanzminister und später Premierminister von Luxemburg. Zeitgleich zu seinem Wechsel nach Brüssel deckte ein internationales Recherchenetzwerk im Rahmen der sogenannten Luxemburg-Leaks auf, dass das Großherzogtum Hunderten Konzernen dubiose Steuerdeals gewährt hatte. Zudem ermittelt die EU-Kommission bereits gegen Luxemburg wegen seiner zu laxen Besteuerung des Internethändlers Amazon und des italienischen Autobauers Fiat. Juncker soll indes mit seinem Rücktritt gedroht haben, hätte er vor einem Ausschuss aussagen müssen.

»Unfassbar! Christ- & Sozialdemokraten, Liberale verweigern Untersuchungsausschuss«, schrieb nun der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold auf dem Internetnachrichtendienst »Twitter« kurz nach dem Bekanntwerden der Ablehnung. Der LINKE-Abgeordnete De Masi griff vor allem EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) an. Dieser habe »den Untersuchungsausschuss von Beginn an bekämpft, weil sein politisches Schicksal an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hängt«. Schulz’ frühere Aussagen, er wolle den Weg zu einem Untersuchungsausschuss frei machen und Juncker als Zeugen vorladen, nannte De Masi eine »Schutzbehauptung, um sich hinter einem fragwürdigen und bestellten Gutachten des Juristischen Dienstes des Parlaments zu verstecken«.

Dieses Gutachten hatte am Dienstag ergeben, dass das ursprüngliche Mandat des Ausschusses zu unbestimmt gewesen sei. Grüne und LINKE sahen dennoch Möglichkeiten für einen Untersuchungsausschuss. So hatten sich EU-Mitgliedsstaaten und Kommission bereits im Jahre 1977 auf einen Informationsaustausch bei Steuerdeals geeinigt. »Daher würde ein Untersuchungsausschuss auf Basis fast aller seit Jahrzehnten ausgestellten Steuererleichterungen tätig werden können«, erklärte De Masi dazu.

Nun einigten sich die Fraktionschefs darauf, als Ersatz einen Sonderausschuss zu den Luxemburg-Leaks zu gründen. Dieser tagt aber nicht ständig und hat weitaus weniger Rechte als ein Untersuchungsausschuss. So hat er etwa kein Recht, Zeugen vorzuladen, und auch keinrn Zugang zu Dokumenten von nationalen Regierungen und Behörden. »In Steuerfragen ist das entscheidend«, sagte dazu der Grünen-Europapolitiker Giegold. Auch müsse der Sonderausschuss bereits innerhalb eines Jahres zu einem Ergebnis kommen. Folglich stimmten die Fraktionen der Grünen und LINKEN im Europaparlament seiner Einberufung nicht zu.

Mit der Ablehnung des Untersuchungsausschusses wird sich nun vermutlich auch die Justiz beschäftigen müssen. De Masi kündigte einen möglichen Gang vor den Europäischen Gerichtshof an - »gemeinsam mit den Kollegen der Grünen«.

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