Stadtreinigung entsorgt Pegida-Protest
Künstler legte in einer großen Aktion 176 Teppiche vor Dresdner Frauenkirche / Teilnehmerzahl bei Pegida sinkt deutlich
Update 20.10 Uhr: Die »Pegida«-Bewegung verliert an Rückhalt in Dresden: Mehr als zwei Wochen nach der letzten Kundgebung und nach der Spaltung der Bewegung versammelte das Bündnis am Montagabend in Dresden laut Polizeiangaben rund 2.000 Sympathisanten auf dem Dresdner Neumarkt. Bei Gegenprotesten versammelten sich nach Polizeiangaben rund 400 Menschen. Es war die insgesamt 14. »Pegida«-Kundgebung in Dresden.
Die Dresdner Frauenkirche blieb aus Protest gegen die »Pegida«-Kundgebung auf dem Neumarkt demonstrativ unbeleuchtet.
Update 19.45 Uhr: Bundesweit haben am Montagabend wieder Tausende Menschen gegen Fremdenfeindlichkeit protestiert. Unter anderem versammelten sich Demonstranten in München, Braunschweig, Düsseldorf, Chemnitz und Kassel zu Kundgebungen gegen die anti-islamische »Pegida«-Bewegung. In Braunschweig demonstrierten mehr als 1.300 Menschen gegen einen Aufmarsch von 100 bis 150 Anhängern des lokalen »Pegida«-Ablegers »Bragida«. Etwa 800 Menschen gingen in Düsseldorf gegen das Bündnis »Dügida« auf die Straße, das eine Kundgebung mit etwa 90 Anhängern abhielt. Die Polizei war dort mit knapp 1.000 Beamten im Einsatz war.
In Duisburg demonstrierten nach Veranstalterangaben etwa 500 Menschen gegen Rassismus und Ausgrenzung. An der Demonstration der lokalen »Duigida«-Bewegung nahmen derweil etwas mehr als 100 Personen teil. Auch in der »Pegida«-Hochburg Dresden war wieder eine Kundgebung anti-islamischer Demonstranten geplant.
Das islamfeindliche »Bärgida«-Bündnis in Berlin brachte etwa soviele Menschen auf die Straße wie in der Vorwoche. Ein Polizeisprecher berichtete von etwa 250 Teilnehmern vor dem Berliner Hauptbahnhof. Proteste gegen »Bärgida« gab es kaum noch. Zwei angemeldete Demonstrationen seien abgesagt worden, eine dritte habe etwa 20 Teilnehmer verzeichnet, sagte der Polizeisprecher.
Unter dem Motto »BraMM aus der Stadt fegen« wandten sich rund 250 Demonstranten gegen die »Pegida«-Nachahmer in Brandenburg an der Havel. Mehrere Hundert Menschen zeigten auch in Schwerin Flagge gegen die »Pegida«-Bewegung, deren Ableger »MVgida« mit etwa 250 Teilnehmern demonstrierte.
Update 18.45 Uhr: Die Stadt Dresden hat eine Installation eines Mannheimer Künstlers, der kurz vor einer Pegida-Demonstration vor der Frauenkirche muslimische Gebetsteppiche ausgelegt hatte, entfernen lassen. Mitarbeiter der Stadtreinigung hätten die 175 Gebetsteppiche eingesammelt und mit zwei Lastwagen weggeschafft, sagte Kurt Fleckenstein, der mit der Aktion ein künstlerisches Zeichen für Offenheit und Toleranz setzen wollte, am Montag der Deutschen Presse-Agentur.
»Wie sich die Stadt gebärdet im Umgang mit einer Kunstaktion, die sich kritisch mit Pegida auseinandersetzt, ist ungeheuerlich und entbehrt jeder Rechtstaatlichkeit«, zeigte sich Fleckenstein empört. Er sei weder aufgefordert worden, seine Installation selbst zu entfernen, noch hätten sich die Mitarbeiter der Stadtreinigung und des Ordnungsamtes ihm gegenüber für ihr Tun legitimiert. Die Aktion sei durch die grundgesetzlich garantierte Kunstfreiheit gedeckt gewesen, meinte Fleckenstein. Ob er juristisch gegen die Beseitigung der Teppiche vorgehen werde, ließ er zunächst offen.
Dresden. Vor einer geplanten Pegida-Kundgebung am Montag hat ein Mannheimer Künstler am Montag Gebetsteppiche vor der Dresdner Frauenkirche ausgerollt. Einer der 176 Teppiche trage die Aufschrift »Ich glaube an Gott«, sagte der Aktions- und Installationskünstler Kurt Fleckenstein der Nachrichtenagentur AFP. Mit der Kunstaktion auf dem Dresdner Neumarkt wolle er ein Zeichen für »Glaubensfreiheit, Offenheit und Toleranz« setzen. Auf dem Neumarkt wollte sich die islamkritische Pegida-Bewegung am Montagabend erneut versammeln.
Nach dem Willen des Künstlers, der in Mannheim und Breslau lebt, sollten die Teppiche bis zur Pegida-Kundgebung liegen bleiben. »Wir werden beobachten, wie die Pegida-Demonstranten reagieren - ob sie auf den Gebetsteppichen herumtrampeln oder drum herum laufen«, sagte der 65-Jährige. Er selbst wollte die Teppiche nicht wegräumen.
Laut Fleckenstein wurde die Installation nicht beantragt. Er berief sich dabei auf die geltende Rechtslage, wonach Aktionskunst im öffentlichen Raum nicht genehmigungspflichtig sei. Polizei und Stadtverwaltung hätten sich bislang sehr kooperativ verhalten.
In Dresden wollte die Pegida-Bewegung am Montagabend nach einwöchiger Unterbrechung wieder auf die Straße gehen. Zuletzt hatte das Anti-Islam-Bündnis vor knapp zwei Wochen laut Polizei rund 17.000 Teilnehmer mobilisiert, das waren deutlich weniger als vorher. AFP/nd
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