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Pass bloß auf, do, do, dumm, do

Matthias Dell über den MDR-Sonntagskrimi »Blutschuld«

  • Matthias Dell
  • Lesedauer: 4 Min.

Beim Mitteldeutschen Rundfunk lief es in letzter Zeit so wie beim BVB: eher nicht so gut. Dass der Erfurter »Tatort« nach zwei Folgen brach liegt (heißt wohl: tot ist), weil ihm die Schauspieler (Alina Levshin, Friedrich Mücke) weglaufen sind, ist kein Ausweis guter Arbeit. Anders als beim Abgang von Nina Kunzendorf als Conny Mey in Bankfurt nach nur fünf interessanten Folgen muss man über die Gründe hier nicht lange rätseln - die beiden Filme (»Kalter Engel« und »Der Maulwurf«) waren einfach zu schlecht.

Wobei der Vergleich mit dem Fußballklub Borussia Dortmund natürlich ungerecht ist, weil der Verein vor nicht langer Zeit Finalist in der Champions League gewesen ist. Dorthin, sonntagabendkrimi-intern gedacht, hat es der MDR in 24 Jahren »Tatort«-Zugehörigkeit noch nie geschafft.

In der Rangliste auf tatort-fundus.de taucht die erste Folge des in der hochgerechneten Zuschauergunst so beliebten Senders aktuell auf Platz 99 auf (»Quartett in Leipzig« aus dem Jahr 2000 mit Ehrlicher und Kain). Auch wenn man das ständigen Änderungen unterworfene Ranking mit Vorsicht genießen muss (eine politisch fragwürdige und ästhetisch schlichte Folge wie »Hydra« aus Dortmund vor ein paar Wochen steht gerade auf Platz 34) - es fiele einem nicht ein, was sich als Signature-Folge des MDR-»Tatort« ins Feld führen ließe gegen den Konsens der Masse, aus deren Bewertungen sich die Hitliste erstellt.

Der Witz vons Ganze kommt aber noch: Der »Tatort« Leipzig mit Eve Saalfeld (Simone Thomalla) und Sono »Kletteräffchen« Keppler (Martin Wuttke) schwingt sich auf dem Weg in sein beschlossenes Ende (auf diesen Fall folgt Ende April noch ein weiterer) zu bester Form auf. »Blutschuld« (MDR-Redaktion: Sven Döbler) ist sicher auch nicht die Folge, von der man in zehn Jahren noch sprechen wird. Aber sie beeindruckt doch weit mehr, als das die Aufsage-und-Abfrage-Routine der Leipziger Fälle normalerweise tut.

Schön sehen kann man das an Uwe Bohm, der - »Tatort«-Koordination, was sollte das sein? - erst letzte Woche einen Auftritt als Wäsche-Koch am Bodensee absolvierte. Der wirkte aufgesetzt und ausgedacht, hier nun, in Leipzig, unter der Regie und nach dem Buch von Stefan Kornatz, scheint Bohm dagegen viel mehr mit seiner Rolle als geschasster Geschäftspartner des cholerischen und wenig zimperlichen Abfallunternehmers Kosen (der große Bernhard Schütz) anfangen zu können. Das Spiel hat mehr Futter, es ist, wie Sets und Kostüme (Szenenbild: Karoly Pakozdy, Kostümbild: Francesca Merz), mit Freude am Detail ausgestattet.

Das trifft auf auch auf die Ermittlungsarbeit zu, die den Eindruck erweckt, ernstgenommen werden zu wollen. Leider fällt dabei auch stärker auf, dass Simone Thomallas Spiel gewisse Register nicht abdeckt, ihr Ton doch relativ ungerührt der gleiche bleibt durch alle unterschiedlichen Rede- und Gemütslagen hindurch.

So abwegig es scheint, dass im richtigen Leben Kommissarinnen als beste Freundinnen von Verdächtigen beziehungsweise von potenziellen Opfern sich zu privaten Abendessen einladen ließen - in »Blutschuld« tröstet darüber doch hinweg, dass die Figuren Charakter haben wie die Musik (Stefan Will, Marko Dreckkötter). Die gebeutelte Kosen-Tochter Sofie (Natalia Rudziewicz) ist in ihrer offensiv sich anwanzenden Bewunderung von Eve Saalfeld recht eindrucksvoll.

Highlight freilich ist das Übel der Geschichte: der so schön ins scheinbar Automatisierte runter resozialisierte Kosen-Sohn Patrick (Tino Hillenbrand). Dessen sprechapparathafte Bekenntnisse zum Frieden mit dem Bösen klingen so irrational wie der tatsächliche Plan seiner Wiedergutmachung ist: einfach die ganze Sippschaft auszurotten. Mit solcher Konsequenz kam einst nur der adelige Protagonist im legendären Frankfurter Schweighöfer-Tatort durch. In Leipzig aber macht die alttestamentarische Figur (die Kerzen in der Kirche!) aus einer schlichten Familiengeschichte immerhin eine ordentliche Messe.

Vorwürfe, wie sie unter Investmentbanker geläufig sind:
Da kannst nicht immer erwarten, dass andere Deinen Mist ausbaden.

Ein Satz, der aus Kollegen Freunde macht:
»Und diesen Tonfall kannst Du Dir auch sparen, Du Arschloch.«

Sagt das Mädchen zum Matrosen:
»Ich studiere, BWL und VWL.«

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