Raus, weg, adios!

  • Lesedauer: 2 Min.
Die Kölner Schwachmaten, die am vorletzten Spieltag einen Platzsturm veranstalteten, haben keine Solidarität verdient. Trotzdem ist es bedenklich, wie gesellschaftsfähig Kollektivstrafen sind.

Es ist ja immer interessant, mal in sein Innerstes zu blicken. Zumal man in der Folgezeit nicht zwangsläufig unerbetene Vorträge über den Buddhismus oder die neu entdecke Laktose-Intoleranz halten muss. Als ich das letzte Mal tief in mein Innerstes blickte, lag ich auf dem Bett eines Hotels im Erzgebirge, schaute die »Sportschau« und ... entdeckte die Guillotine in mir.

Als ich sah, wie zwei, drei Dutzend weißgekleidete und maskierte Testosteron-Ultras auf den Platz des Mönchengladbacher Stadions stürmten, sah, wie sie zuvor – urdeutsch im Pulk und im Schutz der Anonymität, die eine ordentliche Vermummung verleiht – den eigenen Manager bepöbelten, sprach ich ein Urteil: Raus, weg, adios, geht, wo ihr wohnt! Man darf ruhig mal auf die eigene Guillotine blicken. Aber bevor man handelt, darf der Blick auch gerne wieder nach oben wandern. Dorthin, wo das Kleinhirn lebt. Mancher Kommentator und mancher Funktionär war da mal wieder sehr schnell als Scharfrichter unterwegs. Idioten bleiben Idioten, »Tiere« sollte man sie aber nicht nennen.

So oder so: Wenig später verbot der 1. FC Köln einer Ultragruppe, die er für Gladbach verantwortlich machte, den Zutritt zum eigenen Stadion. Man muss kein Demoskop sein, um zu vermuten, dass die überwiegende Mehrheit der Sportschau-Gucker das auch angemessen und vernünftig findet.

Ist es aber nicht. Denn selbst wenn einem die besagte Ultragruppe aus vielerlei Gründen unsympathisch sein mag, haben auch ihre Mitglieder verdient, dass man sie als Individuen betrachtet. Heißt: Bestraft wird, wer etwas Unerlaubtes getan hat, wer nichts getan hat, bleibt straffrei und darf – sofern er Eintritt bezahlt hat – auch weiter ins Stadion. Man möchte schließlich auch nicht seine Wohnung verlieren, weil der Nachbar Mietschulden hat. Bedenklich, wie gesellschaftsfähig Kollektivstrafen sind. Zumindest, wenn sie sich nicht gegen politische Aktivisten, sondern gegen Fußballfans richten.

Haben also die Ultra-Medien recht, die jetzt die Willkür von Verbänden und Vereinen geißeln?

Womöglich würde man das bejahen, wenn die Haltung vieler Fans nicht so selbstgerecht wäre. Denn zuallererst gälte es mal, etwas ganz Banales festzustellen: Wer sich, wie die Maskierten aus Gladbach, als zu allem bereiter Egoman verhält, wird zurecht bestraft und hat keinerlei Solidarität aus der Kurve verdient. Schon gar nicht in Köln, wo sich der Verein mit der überwiegenden Mehrheit der Ultras, denen es um etwas anderes geht als die Guillotine in sich, auf einen vielversprechenden Dialog eingelassen hatte. Einen Dialog, der vorbildhaft hätte sein können. Und den am Samstag garantiert nicht der FC ins Lächerliche gezogen hat.

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