Hat SYRIZA schon verloren?
Tom Strohschneider über die Bedeutung der Einigung in Brüssel für eine Verlängerung des Kreditprogramms für Griechenland
Hat SYRIZA schon verloren? Die Wahlen in Griechenland sind noch nicht einmal fünf Wochen vorbei, da werden schon abschließende Urteile gefällt: Die Troika habe gewonnen, die neue Regierung in Athen ihre Wahlversprechen gebrochen. Aber ist das wirklich so? Dass in der griechischen Linkspartei über den Kurs debattiert wird, auch über die Frage, ob Kompromiss zu weit gingen, ist das eine.
Das andere sind die Kommentare von der deutschen Seitenlinie aus. Die konservative Seite frohlockt über das angebliche Einknicken von SYRIZA. Und auch von links wird hier und da bereits das Scheitern des griechischen Frühling proklamiert. Ja, Kritik ist wichtig; sie gehört zum Fundament von Solidarität. Ja, der Kompromiss zwischen Athen und den Gläubigern ist ein schwerer Brocken, es steckt mehr Berlin als Athen darin. Aber eben nicht mehr nur Berlin.
Und: SYRIZA hat Zeit gewonnen und eine Staatspleite verhindert. Was bis Ende April, was bis Sommer noch möglich sein wird, entscheidet sich jetzt erst – und es hängt davon ab, was an Linke in anderen Ländern für SYRIZA tun können. Vor allem in Deutschland. Statt verfrüht Noten an SYRIZA zu verteilen, wäre ernsthafter als bisher zu fragen, was ein wirklich wirksamer Beitrag der Linken hierzulande sein könnte. Die Frage ist übrigens nicht mit einem Ja oder Nein bei der Abstimmung im Bundestag am Freitag erledigt. Es geht um das schwierige Unterfangen, in einer Position, in der eigene Kraft fehlt, die deutsche Regierungsposition so zu schwächen, dass der Hebel für SYRIZA in den kommenden Monaten länger wird. Es geht um viel, um die Menschen in Griechenland, die Krisenpolitik in Europa, um die Frage, ob die Hegemonie in Europa nach links verändert werden kann. Und es geht darum, dass nicht irgendwann andere wirklich frohlocken können: SYRIZA habe verloren.
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