Immer weniger Hartz-IV-Bezieher schaffen es
Nur einer Minderheit gelingt der Sprung in den ersten Arbeitsmarkt
Als Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) im vergangenen November ein »Paket gegen Langzeitarbeitslosigkeit« für 2015 ankündigte, da zeigten sich Medien, Opposition und Sozialverbände skeptisch. Zu klein das Budget, zu groß das Problem. Dabei ist das Problem offenbar noch größer, als bislang angenommen. Dies geht aus den entsprechenden Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor, die die Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann (LINKE) bei der Behörde abgefragt hatte. Die Statistiken, die dem »nd« vorliegen, machen deutlich, dass viele Betroffene aus der behördlichen Erfassung verschwinden, ohne eine Arbeit aufzunehmen. 2014 ging demnach über die Hälfte derer, die ihre Langzeitarbeitslosigkeit beendeten, in die »Nichterwerbstätigkeit«, also etwa in die Rente. Nur rund jeder achte Betroffene schied aus der Statistik aus, weil er eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt fand. Da die Statistik jene nicht mitzählt, die Maßnahmen durchlaufen oder krank geschrieben sind, in den vergangenen Jahren betraf das zwischen 600 000 und 700 000 Menschen, wird das Zahlenwerk vollends unübersichtlich. Ihr Anteil an den Zugängen liegt konstant um die 45 Prozent. Somit ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen größer als die offiziell verlautbarte eine Million.
Alarmierend auch: Immer weniger Betroffenen gelingt der Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt. Schafften es 2010 noch mehr als 254 000, waren es 2014 nur noch etwas mehr als 185 000. Somit fiel ihr Anteil an allen Abgängen von 14,2 auf 12,6 Prozent. »Die Regierung hat die Betroffenen auf das Abstellgleis geschoben und verweigert ihnen eine Perspektive«, kritisierte Sabine Zimmermann gegenüber »nd«. Viele von ihnen lebten in Armut und ohne soziale Teilhabe. »Anscheinend soll die Gesellschaft an diesen Zustand gewöhnt werden«, mutmaßt Zimmermann.
Die Zahlen der Linkspolitikerin passen zu denen, die die Grüne-Bundestagsabgeordnete Birgit Pothmer via »Süddeutsche Zeitung« am Donnerstag veröffentlichte. Demnach sank die Vermittlungsquote von Arbeitsagenturen und Jobcentern auf auf 13 Prozent. BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt sprach gegenüber dpa von einer »Fehleinschätzung«. Die Vermittlungsquote bilde nur einen Teil der Jobvermittlungen ab. Vielen Jobsuchern reiche ein kurzes Gespräch - ohne konkretes Stellenangebot. Zudem suchten sich immer mehr Arbeitslose in der elektronischen Jobbörse der Bundesagentur selbst eine Stelle.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.