SYRIZA bringt Wiedereröffnung von ERT auf den Weg
Bundestag stimmt für Verlängerung des Kreditprogramms für Griechenland / Schäuble fällt Ja »wahnsinnig schwer« / Gysi: SYRIZA »bricht mit gescheiterter Kürzungspolitik« / Demonstration in Athen: Linke Gruppen protestieren gegen Euro-Kompromiss
Update 16.25 Uhr: Die SYRIZA-geführte Regierung in Griechenland will dem Parlament am kommenden Donnerstag einen Gesetzentwurf zur Wiederöffnung des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders ´unterbreiten. Wie am Freitag aus Regierungskreisen verlautete, sieht der Gesetzentwurf vor, dass alle im Juni 2013 entlassenen ERT-Beschäftigten, die es wünschen, an ihre Arbeitsplätze zurückkehren können. Nikos Pappas, der Berater des neuen Regierungschef Alexis Tsipras, schloss unterdessen eine Gebührenerhöhung nicht aus. Die Regierung von Tsipras' rechtskonservativem Vorgänger Antonis Samaras hatte im Zuge ihrer rigorosen Sparpolitik sämtliche rund 2.600 ERT-Mitarbeiter auf die Straße gesetzt. Als Nachfolgesender entstand später Nerit - mit nur noch 500 Beschäftigten. Die ERT-Schließung hatte seinerzeit in Griechenland eine Protestwelle ausgelöst. Vor dem Fernsehgebäude fanden zahlreiche Großkundgebungen und Solidaritätskonzerte statt. Auch die Europäische Rundfunkunion kritisierte die Schließung.
Update 15.10 Uhr: In Slowenien wird nun doch nicht wie geplant über das Kreditprogramm für Griechenland abgestimmt. Ursprünglich sollte am kommenden Dienstag das Parlament in Ljubljana über die Haltung des Landes entscheiden. Nun wird nach Informationen der ARD aber ganz auf eine Abstimmung verzichtet. Dies habe die juristische Abteilung des slowenischen Parlaments mit der Begründung bestätigt, dass es sich lediglich um eine Verlängerung eines bereits laufenden Kreditprogrammes handele - und also keine neuen möglichen Belastungen auf das Land zukommen.
Update 15 Uhr: Der Eurozonen-Rettungsfonds EFSF hat das eigentlich Ende Februar auslaufende Kreditprogramm für Griechenland um vier Monate bis Ende Juni verlängert. Das teilte der EFSF am Freitag in Luxemburg mit. Damit kann die bisher auf Eis liegende Kredittranche von 1,8 Milliarden Euro aus dem bisherigen Programm innerhalb der nächsten vier Monate fließen, wie der EFSF mitteilte. Dies setze aber zunächst einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen Athens mit seinen Gläubigern über noch umzusetzende Maßnahmen voraus. Das Gleiche gilt für die Mittel aus einem separaten Staatsanleihen-Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank im Umfang von 1,8 Milliarden Euro. Weitere 10,9 Milliarden Euro in Anleihen liegen zur Bankenrettung bereit. »Die heutige Entscheidung markiert einen wichtigen Zwischenschritt«, teilte EFSF-Chef Klaus Regling mit. Nun könne die Regierung mit ihren Partnern an einem möglichen Folge-Programm für die Zeit nach Juni arbeiten.
Update 14.50 Uhr: Ein angebliches Geheimtreffen des Staatssekretärs im Bundesarbeitsministerium, Jörg Asmussen, mit dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis hat in Berlin für Diskussionen gesorgt. Nach einem Bericht der »Sächsischen Zeitung« vom Freitag soll Asmussen Varoufakis im Vorfeld eines Treffens mit Wolfgang Schäuble (CDU) Anfang Februar über den besten Umgang mit dem Bundesfinanzminister beraten haben. Sprecher der Bundesregierung wollten ein solches Gespräch nicht bestätigen. Sie betonten, dass Asmussen jedenfalls nicht in offiziellem Auftrag tätig gewesen sei. Die »Sächsische Zeitung« berichtete, dass Schäuble selbst vor dem erweiterten Fraktionsvorstand der CDU/CSU die Angelegenheit erwähnt habe. Demnach habe Asmussen Varoufakis geraten, Schäuble Komplimente zu machen, um diesen im Tauziehen um das Kreditprogramm für Griechenland milde zu stimmen. Schäuble habe darauf ironisch geantwortet, er sei selbst voller Hochachtung, wenn er mit dem griechischen Finanzminister einen leibhaftigen Wirtschaftsprofessor vor sich habe. Asmussen, der Mitglied der SPD ist, war früher Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Schäuble und Varoufakis gelten als Haupt-Kontrahenten im Ringen um die Griechenland-Hilfen, auf die sich die Eurogruppe letztlich verständigt hatte. Dass Asmussen einen Draht in die SYRIZA-geführte Regierung offen halte, war bereits vor einigen Wochen kolportiert worden. Korrespondenten erklärten, dies sei »Stadtgespräch« in Athen gewesen.
Update 14.30 Uhr: Der Bundessprecher des Forums demokratischer Sozialismus in der Linkspartei, Dominic Heilig, hat sich erfreut darüber gezeigt, »dass eine große Mehrheit der Linksfraktion mit Ja gestimmt hat«. Er hoffe nach dem Votum über die Verlängerung des Kreditprogramms nun »auf weitere substantielle Debatten darüber, wie der Weg unserer griechischen Genossinnen und Genossen auch in der Bundesrepublik konkret unterstützt werden kann«. Die Linke müsse aus der »Zuschauer-Solidarität« herauskommen, so Heilig.
Update 13 Uhr: Bei der Union im Bundestag hat es bei der Abstimmung über die Verlängerung des Kreditprogramms mehr Nein-Stimmen gegeben als bei der Linksfraktion. Bei der stimmten am Freitag im Parlament 41 Abgeordnete dafür, zehn enthielten sich und drei votierten mit Nein. Aus den Reihen der Abgeordneten von CDU und CSU kamen 29 Nein-Voten und drei Enthaltungen, 262 Parlamentarier der Union stimmten mit Ja. Bei SPD und Grünen votierten alle anwesenden Abgeordneten für die Verlängerung des Kreditprogramms.
Update 12.55 Uhr: Der griechische Finanzministers Yanis Varoufakis hat die Ungenauigkeit verteidigt, mit der die Maßnahmen beschrieben wurden, welche die europäischen Gläubiger von der SYRIZA-geführten Regierung im Gegenzug für die Verlängerung des Kreditprogramms verlangt haben. Die Liste sei absichtlich unpräzise formuliert worden, um sich die Zustimmung aller Europartner zu sichern. Inhaltlich sei das Papier von einer »produktiven Ungenauigkeit« geprägt, sagte Varoufakis am Freitag im Fernsehsender Antenna TV und sprach von einem »Feigenblatt«. »Wir sind stolz auf das Niveau der Ungenauigkeit«, fügte er hinzu. Varoufakis sagte weiter, einige Kollegen aus der Eurozone hätten ihm mit Blick auf die Erstellung der Liste dazu geraten, darin keine präzisen Zahlen zu nennen, weil ansonsten die Zustimmung durch ihre Parlamente in Frage stehe. Um welche Minister es sich handelte, sagte er nicht.
Update 11.25 Uhr: Der Bundestag hat eine Verlängerung des Kreditprogramms für Griechenland mit großer Mehrheit gebilligt. Dem Antrag stimmten am Freitag in Berlin 542 Abgeordnete zu, 32 votierten mit Nein, 13 Parlamentarier enthielten sich.
Update 11.20 Uhr: Linksfraktionsvize Sahra Wagenknecht hat die SYRIZA-geführte Regierung als »eine Chance für ganz Europa« bezeichnet – sich bei der Abstimmung über eine Verlängerung des Kreditprogramms für Griechenland aber dennoch enthalten. Der Antrag der Bundesregierung mache »unzweifelhaft deutlich, dass sie an ihrer gescheiterten Politik gegenüber Griechenland festhalten will«. Die »unsäglichen Kreditbedingungen, auf deren Grundlage das Land in den letzten Jahren ruiniert wurde, sollen bestehen bleiben«, so Wagenknecht. Auch werde »kein einziger Euro aus der Verlängerung des Kreditprogramms« in Athen ankommen. »Es geht ausschließlich um die Ablösung bestehender Schulden durch neue Schulden, um die Illusion aufrechtzuerhalten, das in der Vergangenheit für die Rettung der Banken und sonstigen privaten Gläubiger Griechenlands verschleuderte Steuergeld wäre nicht verloren«, erklärte die Linkenpolitiker. Sie plädiere für »klare Solidarität mit SYRIZA und Respekt vor ihrer mutigen Verhandlungsführung«, aber auch für »klare Ablehnung der auf ganzer Linie gescheiterten Griechenlandpolitik der Bundesregierung«.
Update 11.05 Uhr: Die Linkspartei-Abgeordneten Christine Buchholz, Inge Höger und Ulla Jelpke wollen bei der Abstimmung über eine Verlängerung des Kreditprogramms mit Nein votieren. Man habe dieses Griechenland-Paket bereits im November 2012 abgelehnt. »Aus denselben Gründen stimmen wir heute erneut gegen die Auflagen, die an die Verlängerung der Kredite gebunden sind«, heißt es in einer Erklärung der drei Abgeordneten. »Die Politik der Troika hat bereits zu einer humanitären Katastrophe geführt.« Solidarität mit der Bevölkerung in Griechenland und mit der griechischen Regierung heiße für die Parlamentarier, »maximalen Druck auf der Straße, aber auch im Parlament auf Merkel und Schäuble aufzubauen. Mit unserem NEIN zum vorliegenden Antrag von Schäuble und der Erpressung durch die EU möchten wir die Solidarität mit Griechenland und den Widerstand gegen Sozialkürzungen in Griechenland und anderswo stärken.«
Update 11 Uhr: Die Dauerbeschallung mit Vorwürfen gegen die SYRIZA-geführte Regierung in Athen wirkt offenbar – eine Mehrheit der Bundesbürger bezweifelt jedenfalls, dass Griechenland die Liste mit den angekündigten Maßnahmen umsetzen wird, die im Gegenzug zur Verlängerung des Kreditprogramms von Athen vorgelegt werden musste. In einer aktuellen Studie sagten 71 Prozent der Befragten, sie zweifeln, dass Griechenland die Maßnahmen umsetzen wird, rund ein Viertel (26 Prozent) glaubt, dass es dazu kommt. Lediglich unter den Anhängern der Linkspartei gab es in der Umfrage keine Mehrheit der SYRIZA-Skeptiker. Unter den Anhänger der Linkspartei sagen auch die meisten (56 Prozent), die abverlangten Maßnahmen seien eine zu große Bürde für Griechenland.
Update 10.45 Uhr: Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat der Bundesregierung vorgeworfen, mit dem Beharren auf den umstrittenen Kürzungsauflagen und Deregulierungsbedingungen für Griechenland gescheitert zu sein. »Wir brauchen eine solidarische Europapolitik«, sagte er am Freitag im Bundestag in der Debatte über eine Verlängerung des Kreditprogramms für Athen. Nachdem der bisherige Kurs keine Erfolge gebracht habe, müsse der neuen Regierung eine Chance gegeben werden. Ein zu erwartendes drittes Kreditprogramm müsse so gestaltet werden, »dass am Ende ein stabiles und wohlhabendes Griechenland steht«. Es gehe nicht darum, Athen keine Bedingungen für Kredite zu stellen, sie sollten aber geändert werden.
Update 10.35 Uhr: Linksfraktionschef Gysi hat in der Debatte über die Verlängerung des Kreditprogramms für Griechenland Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble kritisiert. Beide hätten die frühere Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds und deren Auflagen für Athen instrumentalisiert. Damit hätten die CDU-Politiker allerdings auch zum Wahlerfolg der mit der Linken verbündeten SYRIZA-Partei beigetragen. Die Linksregierung breche nun mit der gescheiterten Kürzungspolitik und habe die ganze Europäische Union durcheinandergebracht. »Da sehen Sie mal, was eine linke Regierung alles kann.« Erneut forderte Gysi eine Art Marshallplan zum Wiederaufbau Griechenlands. Dort müsse investiert werden, damit das Land wieder auf die Beine komme.
Update 10 Uhr: Linksfraktionschef Gregor Gysi hat sich für ein Ja zur Verlängerung des Kreditprogramms für Griechenland ausgesprochen. Nach einer Fraktionssondersitzung vor der Plenardebatte sagte er: »Wir begrüßen die Chance, die sich die griechische Regierung ausgehandelt hat.« Die SYRIZA-geführte Regierung in Athen eine »Atempause« und die »Chance für einen Neuanfang«, sagte Gysi am Freitag in der Parlamentsdebatte. Keineswegs wolle die Linke mit ihrer Zustimmung die »gescheiterte Politik« der Bundesregierung unterstützen, betonte er. Die Athener Linksregierung »bricht mit der gescheiterten Kürzungspolitik«, sagte Gysi weiter. Das verändere Griechenland, aber auch Europa. Die auf harte Einschnitte ausgerichtete Strategie der Bundesregierung gegenüber Griechenland sei eine »Kamikazepolitik«. Mit einer solchen werde das Land seine Schulden nicht zurückzahlen können. Es wird erwartet, dass sich eine Reihe von Linken-Abgeordneten bei der Abstimmung enthält, wie etwa Fraktionsvize Sahra Wagenknecht. Bei einer Probeabstimmung am Morgen hatte es 37 Ja-Stimmen, acht Enthaltungen und drei Nein-Stimmen gegeben. In der Vergangenheit hatte die Linke bei den Griechenland-Hilfen stets mit Nein gestimmt, weil sie die damit verbundenen Auflagen ablehnte.
Update 9.45 Uhr: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat die Entscheidung für eine Verlängerung des Kreditprogramms im Bundestag als »wahnsinnig schwer« bezeichnet. Vor der Abstimmung des Parlaments sagte der CDU-Politiker, »es fällt uns wahnsinnig schwer - jedem einzelnen von uns«. Schäuble machte dafür unter anderem die SYRIZA-geführte Regierung verantwortlich. Die Diskussion vor und nach der Wahl in Griechenland und auch in den vergangenen Tagen und Stunden habe die Entscheidung für das Kreditprogramm nicht leichter gemacht. Schäuble weiter: »Es geht nicht um neue Milliarden für Griechenland.« Es gehe auch nicht um neue Vereinbarungen. Es gehe darum, zusätzlich Zeit zur Verfügung zu stellen, um das aktuelle Kreditprogramm aus dem Jahr 2012 erfolgreich abzuschließen.Griechenland allein könne nicht entscheiden, was richtig sei.
Update 8.10 Uhr: Der Vorsitzende der saarländischen Linksfraktion, Oskar Lafontaine, hat seine Partei vor einer Zustimmung zur Verlängerung des Griechenland-Kreditprogramms gewarnt. »Eine Zustimmung zu dem mit der Kreditverlängerung verbundenen Knebelvertrag ist nicht vertretbar«, sagte der saarländische Fraktionschef kurz vor der Abstimmung im Bundestag der Deutschen Presse-Agentur. Damit würde man eine Politik unterstützen, bei der 60 Milliarden Euro deutscher Steuergelder von Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) sinnlos in den Sand gesetzt worden seien, um Banken zu retten. Er rate deshalb zu einer Enthaltung, sagte der frühere Bundesfinanzminister und Linksparteivorsitzende. Eine Ablehnung könnte als mangelnde Solidarität mit der Regierung des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und seiner mit der Linken verbündeten SYRIZA-Partei missverstanden werden.
Dagegen werben viele Linken-Politiker für ein Ja. Die SYRIZA-geführte Regierung habe unter bedrängten Umständen einen Kompromiss herausgehandelt, der ihr Zeit für die Verfolgung eigener Ziele verschaffe und die Möglichkeit eines grundlegenderen Kurswechsels in der Krisenpolitik offen halte. Es sei zwar nach wie vor problematisch, in welcher Weise der griechischen Regierung durch das Hilfsprogramm »Handlungsspielräume abgeschnürt werden«, sagte Wagenknecht. Dennoch wolle die Linke der SYRIZA-Regierung in Athen die Chance geben, ihre Vorhaben umzusetzen. »Wir wollen ihr nicht den Boden abgraben.« Für ein Ja sprachen sich unter anderem die Europaminister der Linkspartei in Thüringen und Brandenburg, Benjamin-Immanuel Hoff und Helmuth Markov, der Bundesgeschäftsführer der Linken Matthias Höhn, der wirtschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion, Michael Schlecht, das Forum demokratischer Sozialismus sowie der Berliner Landesvorsitzende Klaus Lederer. Bei einer Probeabstimmung am Dienstag hatten 29 Parlamentarier der Linken für eine Verlängerung des Kreditprogramms für Griechenland votiert, vier mit Nein und 13 enthielten sich.
Update 7.55 Uhr: Bundespräsident Joachim Gauck hat Kritik an der Rolle der Bundesregierung in der europäischen Krisenpolitik zurückgewiesen. Deutschland sei solidarisch. Das werde nicht nur durch gute Worte, sondern auch durch sehr viele Mittel deutlich, die die Bundesrepublik bereitstelle. »Wir sind da nicht der große Buhmann, wie Teile der Medien und der Politik in Griechenland uns darstellen«, sagte Gauck. Es sei so, »dass man durch ein Tal der Tränen hindurchgehen muss, um dann mit einer reformierten Gesellschaft wieder Erfolge zu haben.«
Update 7.45 Uhr: Am Freitagmorgen wird der Bundestag über den Kompromiss zur Verlängerung des eigentlich Ende Februar auslaufenden Kreditprogramms für Griechenland bis Ende Juni abstimmen. Es wird mit einer breiten Mehrheit gerechnet, Nein-Stimmen dürfte es vor allem in der Union geben. »Viele Abgeordnete stimmen nur mit großem Bauchgrimmen zu. Zu weiterem Entgegenkommen sind sie nicht bereit«, sagte der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, der CDU-Politiker Gunther Krichbaum. Bei weiteren Zugeständnissen an die Griechen befürchtet Krichbaum auch einen »politischen Dominoeffekt«. Wenn Athen die vereinbarten Verpflichtungen nicht einhalte, würden auch andere Länder darin nachlassen, das zu verfolgen, was Krichbaum Reformbemühungen nennt und was vorrangig in Sozialkürzungen, Deregulierungen und Privatisierungen besteht.
Antrag des Bundesministeriums der Finanzen Finanzhilfen zugunsten Griechenlands; Verlängerung der Stabilitätshilfe - hier
Unterrichtung durch das Bundesministerium der Finanzen zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen vom 23. Februar 2015 - hier
Bei SPD, Linksfraktion und Grünen wollen die Abgeordneten mehrheitlich zustimmen, die Linksfraktion tritt am Morgen noch zu einer Sitzung über die Frage zusammen.
Demonstration gegen Kompromiss zwischen SYRIZA und Eurogruppe in Athen
Berlin. Bei einer Protestaktion in Athen haben linke Gruppen am Donnerstagabend gegen den Kompromiss zwischen der SYRIZA-geführten Regierung und den europäischen Gläubigern protestiert. Nach Angaben der Polizei folgten zunächst etwa 200 Menschen dem Aufruf einer kleinen antikapitalistischen Partei, später schlossen rund 300 weitere menschen der Demonstration an. Die Menge zog unter anderem zum Parlament. Einige Demonstranten hielten Banner mit Slogans wie »Raus aus der EU« und »Streicht die Schulden« in den Händen. Wie AFP-Reporter berichteten, gingen einige Scheiben von Geschäften zu Bruch, auch wurden offenbar mehrere Autos angezündet.
SYRIZA-Abgeordnete stimmen Kompromiss zu ++ Regierung in Athen stoppt weitere Privatisierungen ++ Finanzminister: Wir halten am Ziel einer Umschuldung fest ++ Varoufakis warnt davor, progressive Regierung »zur Strecke zu bringen« ++ Mehr dazu hier
Die Einigung zwischen Athen und Eurogruppe wird von den Abgeordneten der linken SYRIZA mehrheitlich getragen - aber es gibt auch Kritik. Der wirtschaftspolitische Berater der Partei, Theodoros Paraskevopoulos, zeigte sich im Gespräch mit »nd« überzeugt, dass SYRIZA in den weiteren Gesprächen mit den Gläubigern ihre Agenda durchsetzen wird. »Es wird noch einmal sehr harte Verhandlungen mit den Euro-Partnern geben, weil dann Themen wie die Privatisierungen anstehen. Aber ich nehme an, dass wir es wieder schaffen«, sagt er. »Wir wollen den griechischen Staat grundlegend ändern, ihn effektiver und demokratischer machen. Und auch die Wirtschaft in Gang bringen.«
Dem Ende Juni auslaufenden Programm soll ein neues Abkommen folgen, dieses solle dann »einen griechischen und einen linken Stempel« tragen. Laut Paraskevopoulos bedeute dies, dass Griechenland selber entscheiden kann, wie seine Wirtschaft »ohne Lohndruck und ohne Abstriche in den Sozialleistungen wachsen kann«. Dauerhaft sei ein Schuldenschnitt unumgänglich, sagte Paraskevopoulos, der auch eine europäische Schuldenkonferenz vorschlug, »die die Gesamtfrage der Schulden in Europa anpackt«.
Vom Ziel einer Schuldenerleichterung war die SYRIZA-geführte Regierung nie abgerückt, hatte das Thema aber zuletzt nicht mehr an oberster Stelle verfolgt. Der griechische Finanzministers Yanis Varoufakis hatte am Mittwoch im Radio erklärt, »ich spreche über Umschuldungen, die unsere Schuldenlast deutlich senken«. Aus Kreisen des Finanzministeriums wurden die Ängaben allerdings relativiert. Varoufakis habe »allgemein« davon gesprochen, wie er sich eine der möglichen Lösungen in der griechischen Schuldenkrise vorstellen könnte. Es gehe nicht darum, dass er dies jetzt fordere.
Dies war auf Ablehnung gestoßen. Bereits am Donnerstag war Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit den Worten zitiert worden, er habe die jüngsten Äußerungen von Varoufakis mit »Fassungslosigkeit« aufgenommen. Europaparlamentspräsident Martin Schulz (SPD) sagte, »ein Finanzminister, der wenige Tage, nachdem er mit 18 seiner Kollegen eine Einigung erzielt hat, diese wieder in Frage stellt oder neue Forderungen ins Spiel bringt, schafft kein Vertrauen«. Im Gegenteil: Er verspiele es. Der »Schlingerkurs der griechischen Regierung« sei unnötig und bringe niemanden voran, so der Sozialdemokrat in der »Rheinischen Post«.
Die SYRIZA-geführte Regierung will mit Blick auf einen Schuldenberg von 320 Milliarden Euro eine Umschuldung erreichen. Dazu hatte Finanzminister Varoufakis zwei verschiedene Arten von Anleihen vorgeschlagen. Das Thema steht nach den Worten von Mitarbeitern des Finanzministeriums aber erst zur Debatte, wenn die aktuelle schwierige Lage überstanden sei und Griechenland in der zweiten Jahreshälfte mit den Euro-Partnern darüber sprechen könne, wie es weitergehen soll. Agenturen/nd
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