SYRIZA denkt über Reichensteuer nach
Athen will Schuldenerlass erreichen: Antrag auf Reduzierung der griechischen Verbindlichkeiten angekündigt / Ministerpräsident Tsipras kündigt Gesetze gegen humanitäre Krise an / Tausende folgen KKE-Aufruf zum Protest gegen Regierung in Athen
Update 16.40 Uhr: Das griechische Finanzministerium hat am Samstag die Aussage von Finanzminister Yanis Varoufakis bekräftigt, wonach die von den europäischen Gläubigern verlanget Liste mit Maßnahmen der SYRIZA-geführten Regierung in Abstimmung mit den Euro-Partnern absichtlich vage formuliert worden waren. Aus dem Athener Ministerium hieß es dazu unter anderem: »Der Begriff ,produktive Undeutlichkeit‘, auf den die griechische Regierung sich beruft, beschreibt exakt den Geist, in dem die Eurogruppe die meisten Differenzen beilegen konnte, so dass die Vereinbarung über eine viermonatige Verlängerung des Kreditabkommens erreicht werden konnte.« Äußerungen, wonach die bisherigen Bedingungen der Gläubiger unangetastet blieben, entsprächen weder dem Geist noch dem Inhalt des Beschlusses der Eurogruppe. Unter anderem hatte das Berliner Bundesfinanzministerium der Darstellung von Varoufakis widersprochen. Nach dessen Darstellung hatte es vor der Einigung mit der Eurogruppe Nebenabreden gegeben. Die griechischen Reformpläne seien in Abstimmung mit anderen Euroländern absichtlich unbestimmt formuliert worden, um nicht die Zustimmung der Parlamente zu gefährden, hatte Varoufakis gesagt.
Update 15.20 Uhr: Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hat vermögenden Bürgern seines Landes und Steuerflüchtlingen den Kampf angesagt. Seine Regierung interessiere sich für diejenigen Griechen, die Geld hätten, »aber nie gezahlt haben«, sagte Varoufakis am Samstag dem Fernsehsender Skai. »Sie sind unser Ziel und wir werden kein Mitleid zeigen«, drohte er. Die Regierung habe einen ausgeglichenen Haushalt zugesagt, sagte Varoufakis. »Wenn ich gezwungen bin, eine Sondersteuer zu erheben, werde ich das tun, aber nur für diejenigen, die zahlen können.« Athen werde »kein Geld von denjenigen fordern, die leiden«. Griechenland solle nie wieder in die entwürdigende Lage kommen, Primärdefizite zu haben, sagte Varoufakis. Ein Primärdefizit liegt vor, wenn die Einnahmen des Staates nicht die laufenden Ausgaben decken, abzüglich Schuldendienst.
Regierungschef Alexis Tsipras hatte am Freitagabend die Griechen aufgerufen, einen Teil ihrer Steuerrückstände zu zahlen. Diese belaufen sich auf insgesamt 76 Milliarden Euro, jeden Monat wächst die Summe angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten vieler Haushalte. Anfang kommender Woche will Tsipras einen Plan vorlegen, um die »humanitäre Krise« in Griechenland zu bekämpfen. Vor dem Zentralkomitee seiner Linkspartei SYRIZA sagte Tsipras am Samstag, die Verhandlungen mit den europäischen Partnern über die Hilfen für sein Land seien »sehr hart« gewesen. Der Druck auf Griechenland habe »Erpressungscharakter« gehabt, »wir befinden uns auf vermintem Gelände, die konservativen Kräfte (in Europa) haben versucht, uns in eine Falle zu locken, um uns in die budgetäre Erstickung zu führen«, sagte Tsipras. Er bekräftigte, nach der Verlängerung des derzeitigen Hilfspakets werde es kein drittes Programm dieser Art geben.
Update 8.45 Uhr: Die Chefin der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, hat sich gegen ein weiteres Kreditprogramm für Griechenland ausgesprochen. »Ein drittes Hilfspaket steht nicht zur Debatte«, sagte Hasselfeldt der »Rheinischen Post«. »Die griechische Regierung hat jetzt vier Monate mehr Zeit, die Kriterien des laufenden Programms zu erfüllen. Jetzt ist die griechische Regierung am Zug und muss endlich liefern. Wir werden jeden Schritt genau beobachten«, betonte Hasselfeldt. Athen hat selbst erklärt, man strebe kein drittes Kreditprogramm an. Fachpolitiker und Experten gehen jedoch davon aus, dass in Griechenland weitere Finanzlücken aufreißen. Die SYRIZA-geführte Regierung möchte stattdessen über einen Erlass der Schulden verhandeln.
Update 8.20 Uhr: Im Zentrum Athen sind am Freitagabend tausende Menschen einem Aufruf der Kommunistischen Partei KKE gefolgt, um gegen die Verlängerung des Kreditprogramms für Griechenlands und den mit der Eurogruppe vereinbarten Kompromiss über Maßnahmen zu protestieren, die die SYRIZA-geführte Regierung umsetzen soll. Der Generalsekretär der Partei, Dimitris Koutsoumbas, forderte den Austritt Griechenlands aus der Eurozone und der EU. Die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras sage nicht die Wahrheit, betonte Koutsoumbas. Im Juni werde es ein neues hartes Kürzungsprogramm für Griechenland geben, mutmaßte der KKE-Politiker.
Antrag auf Reduzierung der griechischen Verbindlichkeiten angekündigt
Berlin. Die SYRIZA-geführte Regierung in Athen hat erneut ihr bekräftigt, eine Vereinbarung mit den europäischen Gläubigern über eine Verringerung der Schulden zu finden. Mit der viermonatigen Verlängerung des Kreditpprogramms sei die Brücke geschaffen worden, um die Forderung erneut stellen zu können, sagte Regierungschef Alexis Tsipras am Freitag im Ministerrat. »Wir haben die Ziele erreicht, die wir für diese erste Runde der Verhandlungen gesetzt hatten«, sagte Tsipras in der vom Staatsfernsehen übertragenen Rede. Nun werde Athen »mit Ehrlichkeit ohne Erpressungen über die Substanz des Kreditabkommens« reden können. »Wir werden unseren Antrag auf Reduzierung der griechischen Schulden auf dem Tisch legen«, sagte Tsipras.
Die Deutsche Presse-Agentur formulierte die Nachricht so: »Kaum ist die Verlängerung der Griechenland-Hilfe bewilligt, kommen aus Athen schon wieder großspurige Töne.« Finanzminister Yanis Varoufakis hatte zuvor ebenfalls bekräftigt, dass die SYRIZA-geführte Regierung auch eine Umschuldung anstrebt. »Ich spreche über Umschuldungen, die unsere Schuldenlast deutlich senken (würden)«, erklärte er in einem griechischen Radiosender. Varoufakis hatte mit Blick auf einen Schuldenberg von 320 Milliarden Euro bereits im Januar von einer möglichen Umschuldung gesprochen. Dazu hatte er zwei verschiedene Arten von Anleihen vorgeschlagen.
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SYRIZA war mit der Forderung nach einem Schuldenschnitt in den Wahlkampf gegangen. Auf europäischer Bühne spielt das Thema aber derzeit keine große Rolle. Aus Kreisen des Finanzministeriums in Athen hieß es, Varoufakis habe »allgemein« davon gesprochen, wie er sich eine der möglichen Lösungen in der griechischen Schuldenkrise vorstellen könnte. Es gehe nicht darum, dass er dies jetzt fordere. Das Thema stehe erst zur Debatte, wenn die aktuelle schwierige Lage überstanden sei und Griechenland in der zweiten Jahreshälfte mit den Euro-Partnern darüber sprechen könne, wie es weitergehen soll.
Kommende Woche will der linke Premier mit einer Reihe von Gesetzen die notleidende Bevölkerung entlasten. Niemand solle sein Haus verlieren, wenn er die Kreditraten nicht zahlen könne, hieß es. Zudem solle ein Parlamentsausschuss ermitteln, wie es in Griechenland zum Zusammenbruch im Jahre 2010 und zu der Unterwerfung unter die Fesseln der Troika gekommen ist. Tsipras kündigte weitere Gesetze gegen die Korruption und die Steuervermeidung an. Zudem rief er seine Minister auf, »weniger zu reden und mehr zu arbeiten.« Agenturen/nd
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