EZB bleibt hart gegenüber Griechenland
Berlin verdient an Griechenland-Krediten 360 Millionen / Bundesfinanzministerium rechnet Einnahmen aus Zinszahlungen seit 2010 vor / Merkel und Juncker: Haben keine Differenzen bei Griechenland-Politik
Update 21 Uhr: Die Europäische Zentralbank (EZB) wird griechischen Banken erst dann wieder billig Geld leihen, wenn die neue Regierung die zugesagten Maßnahmen beschließt. Das stellte EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag in Nikosia klar. Die EZB sei »die erste«, die die Finanzierung der griechischen Wirtschaft wieder aufnehmen wolle. »Aber unter dem Vorbehalt, dass die Bedingungen respektiert werden.« Dies sei noch nicht der Fall. Als eine Kondition nannte Draghi, dass Athen und Brüssel ein Verfahren in Gang setzen, um die Programmüberprüfung erfolgreich abzuschließen. Wegen der ungeklärten Fragen bei dem auslaufenden Kreditprogramm akzeptiert die Zentralbank seit Anfang Februar keine griechischen Staatsanleihen mehr als Sicherheiten für Bankkredite. Weil sich die griechische Regierung Ende Februar mit der Eurogruppe auf die Verlängerung des Programms geeinigt hatte, hoffte Athen, die EZB werde ihre Schleusen umgehend wieder öffnen. Doch die Voraussetzungen dafür seien noch nicht erfüllt, sagte Draghi. Wann genau dies geschehen könne, sagte er nicht. Die durch die Unsicherheit der vergangenen Wochen schwer angeschlagenen griechischen Banken sind derzeit von Notkrediten der EZB abhängig. Dafür gibt es eine Obergrenze. Diese hob die EZB am Donnerstag um 500 Millionen auf 68,8 Milliarden Euro an, wie Draghi weiter mitteilte. Die Notkredite sind für die Banken wesentlich teurer als die regulären Kredite der EZB.
Die SYRIZA-geführte Regierung hatte nach ihrem Wahlsieg bereits mehrere Privatisierungen gestoppt. Dies war auf Kritik unter anderem in Berlin gestoßen. In dem Ende Februar geschlossenen Abkommen zwischen Athen und der Eurogruppe heißt es, dass bereits eingeleitete Privatisierungen zwar nicht rückgängig gemacht werden dürften - erst geplante Projekte dürfen aber »neu bewertet werden, um den langfristigen Gewinn für den Staat zu erhöhen«. Die Aufgabe sei »sehr schwierig«, sagte der neue Staatssekretär für die staatlichen Besitztümer, Dimitris Klouras. Das öffentliche Eigentum sei »über Jahrzehnte unterbewertet« gewesen. Nun sei es dringend notwendig, eine akkurate Bestandsaufnahme zu machen um die Liegenschaften aufzuwerten.
Bundesfinanzministerium rechnet Einnahmen aus Zinszahlungen seit 2010 vor
Berlin. Deutschland hat durch Zinszahlungen für Kredite an Griechenland seit 2010 insgesamt 360 Millionen Euro eingenommen. Das hat das Bundesfinanzministerium auf Anfrage der Linksfraktion mitgeteilt. Wie die »Rheinische Post« berichtet, habe die zuständige Kreditanstalt für Wiederaufbau »im Zeitraum 2010 bis 2014 an den Bund Zinseinnahmen von insgesamt rund 360 Millionen Euro ausgekehrt«. Für die kommenden Jahre erwarte die Bundesregierung »nur noch geringfügige Einnahmen für den Bundeshaushalt in Höhe von rund 20 Millionen Euro jährlich«, schreibt das Finanzministerium.
Bereits 2012 war allerdings gemeldet worden, dass schon Ende 2011 die Regierung in Athen für deutsche Kredite insgesamt 380 Millionen Euro Zinsen überwiesen habe.
Die Antwort des Ministeriums enthält dem Bericht zufolge zudem zahlreiche Daten, die den wirtschaftlichen Schrumpfungsprozess in Griechenland in den vergangenen Jahren belegen. Kritiker machen seit langem dafür den Austeritätskurs unter deutscher Vormacht verantwortlich. Der Linkenabgeordnete Andrej Hunko sagte der »Rheinischen Post«, die Krisenpolitik der EU sei »auf ganzer Linie gescheitert«.
Griechenland und die Eurogruppe hatten sich erst Mitte Februar geeinigt, das eigentlich Ende Februar auslaufende Kreditprogramm um vier Monate zu verlängern. Bedingung dafür war die Verpflichtung Athens zu bestimmten Maßnahmen. Diese Vorschläge sollen bis April von der Eurogruppe geprüft werden.
Derweil beraten Europas Währungshüter am Donnerstag auf Zypern zum Start des billionenschweren Kaufs von Staatsanleihen über ihren weiteren Kurs. Mit Spannung erwartet wird, wie EZB-Präsident Mario Draghi am Nachmittag (14.30 Uhr MEZ) die Wirtschaftsprognosen vor dem Hintergrund des breit angelegten Programms anpassen wird - denn Ziel der Geldflut ist es, den Preisauftrieb zu beschleunigen. Dabei blickt die Europäische Zentralbank (EZB) erstmals bis ins Jahr 2017.
Mit einer weiteren Zinssenkung oder anderen Schritten gegen die Mini-Inflation rechnen Ökonomen nicht. Allerdings dürfte der EZB-Rat in Nikosia den Umgang mit Forderungen der griechischen Regierung besprechen. Athen hatte angekündigt, mit der Zentralbank über die Rückzahlung demnächst auslaufender Anleihen verhandeln zu wollen.
Merkel und Juncker: Haben keine Differenzen bei Griechenland-Politik
In Brüssel haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Mittwoch Berichte über tiefergehende Differenzen in der Krisenpolitik zurückgewiesen. Der Luxemburger Ex-Regierungschef Juncker ist seit November mit seiner neuen Kommission im Amt. Merkel hatte Junckers Kandidatur für den europäischen Spitzenposten im vergangenen Jahr zunächst nur zögerlich unterstützt, den konservativen Politiker dann aber trotz massiven Widerstands aus Großbritannien aufs Schild gehoben. Seit seinem Amtsantritt gab es immer wieder Medienberichte, Juncker und Merkel lägen im Clinch etwa bei der Frage der Krisenpolitik gegenüber Griechenland. In der Diskussion über die Verlängerung des Kreditprogramms hatte es deutlich abweichende Herangehensweisen Brüssels und Berlins gegeben. nd/Agenturen
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