Schwedens Streit mit Saudi-Arabien eskaliert

Stockholmer Regierung sieht Redeverbot für Außenministerin Wallström als offenen Affront

  • Bengt Arvidsson, Stockholm
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach einem Redeverbot für die schwedische Außenministerin bei einem Treffen der Arabischen Liga hat die Regierung die militärische Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien aufgekündigt.

Seit Tagen liefern sich Schweden und Saudi-Arabien einen ungewöhnlich scharfen Streit. Der droht nun zunehmend aus dem Ruder zu laufen. Eigentlich sollte Schwedens im Herbst ins Amt gewählte sozialdemokratische Außenministerin Margot Wallström als Ehrengast beim Treffen der Arabischen Liga in Kairo diese Woche die Eröffnungsrede halten. Doch auf Druck des einflussreichen Mitgliedslandes Saudi-Arabien erhielt die in Kairo eingetroffene Ministerin kurzfristig Redeverbot. Schweden beendete darauf die militärische Zusammenarbeit.

Wallström hatte zuvor das Fehlen demokratischer Strukturen und die Verletzung der Menschen- und insbesondere der Frauenrechte in der Diktatur kritisiert. Die Arabische Liga begründete das ungewöhnliche Redeverbot damit, dass Wallströms Äußerungen »unakzeptabel« seien. Was genau damit gemeint sei, ließ die Arabische Liga offen. Aus Riad hieß es, dass die saudische Verfassung sich auf die religiösen Regeln der Scharia stütze und somit »Menschenrechte garantiert«.

Man habe die Rede abwehren wollen, weil davon auszugehen war, dass Saudi-Arabien darin erneut bezüglich seiner Staatsform und den Menschenrechten kritisiert würde, hieß es aus Riad. In der später von Stockholm im Internet veröffentlichten Rede Wallströms war jedoch keinerlei Kritik an Saudi-Arabien. Die Außenministerin, die für ihr Engagement für Frauenrechte bekannt ist, nannte die ihr widerfahrene Behandlung eine »Schande«.

Die EU unterstützt sie dabei. »Wir bedauern, dass es der schwedischen Außenministerin nicht möglich war, ihre Rede zu halten«, hieß es von der EU-Kommission in Brüssel, die sich nun um Verständigung bemüht.

Inzwischen gab Stockholm die Kündigung eines militärischen Abkommens bekannt. »Wir wollen das militärische Abkommen abwickeln und dann mit den zivilen Abkommen, die wir mit Saudi-Arabien haben, weitermachen«, sagte der sozialdemokratische Verteidigungsminister Peter Hultqvist. Er stößt damit auf Verständnis im eigenen Lager. »Nach dem Affront gegen die Außenministerin hat es keine andere Möglichkeit mehr gegeben für Stockholm«, beurteilte der den Sozialdemokraten nahe stehende Staatswissenschaftler Ulf Bjereld. Von der Regierung hieß es hingegen, man habe die Kündigung unabhängig davon beschlossen. Doch eskalierte der Streit weiter. Riad zog seinen Botschafter aus Stockholm ab.

Die Wirtschaft und die bürgerliche Opposition kritisieren die rotgrüne Regierung. Im schlimmsten Fall könnten nun alle Geschäfte mit den wohlhabenden Saudis und anderen arabischen Staaten gefährdet sein. Es wurde darauf hingewiesen, dass es andere fragwürdige Regime gebe, mit denen Schweden Geschäfte betreibe und Saudi-Arabien zumindest eine stabilisierende Rolle in der Region nicht zuletzt gegen Radikalislamisten habe.

Der Kommentar der Zeitung »Svenska Dagbladet« begrüßte die Standfestigkeit Stockholms. Ein Regime, das sich auf ein »aus dem Mittelalter stammendes« Rechts- und Staatssystem und »Geschlechter-Apartheid« stütze, könne Schweden nicht einfach so militärisch fördern.

Schwedens Regierung, seit Herbst im Amt, sitzt außenpolitisch zunehmend zwischen den Stühlen. Nicht nur die Beziehungen zu Russland sind schlechter den je. Auch Israel ist erzürnt, weil Schwedens rotgrüne Regierung als erste westliche Nation Palästina anerkannt hat.

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