Deutsche Waffen für Athen
Hohe Rüstungsausgaben ließen in den vergangenen Jahren den griechischen Schuldenberg wachsen
Wenn Griechenland heute unter enormen finanziellen Lasten ächzt, dann ist das auch dem jahrzehntelange Wettrüsten mit dem Nachbarn und NATO-Verbündeten Türkei geschuldet. Athens Rüstungsausgaben der Jahre 1974 bis 2005 summierten sich nach Expertenberechnungen auf 80 Prozent jenes Schuldenbergs von 310 Milliarden Euro, auf dem Griechenland zu Beginn der Euro-Krise saß. Verdient haben daran nicht zuletzt deutsche Waffenschmieden. So genehmigte die Bundesregierung zwischen 1999 und 2013 Rüstungsexporte mit einem Volumen von 2,4 Milliarden Euro. Zudem wurden über 2000 Lizenzen in einem Wert von mehr als zwei Milliarden Euro vergeben. Egal ob Leopard-Panzer, Fregatten, U-Boote, Panzerhaubitzen, Kleinwaffen oder Munition. Und auch als man längst um die desaströse finanzielle Situation des EU- und NATO-Partners wusste.
So drängte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Besuch 2007 in Athen, endlich die seit zehn Jahren schwebende Bestellung von über 60 Eurofighter-Kampfflugzeugen zu signieren. Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI gehörte Griechenland noch 2014 zu den größten Abnehmern deutscher Rüstungsgüter und lag mit sieben Prozent Marktanteil hinter den USA (elf Prozent) und Israel (neun Prozent) auf Rang drei der Empfängerstaaten. Die Bundesrepublik ist danach trotz eines Rückgangs ihrer Gesamtexporte die weltweite Nummer vier unter den Waffenlieferanten.
Zu den Profiteuren gehört auch Rheinmetall. Mit einem neuen Großauftrag aus dem Vorjahr kauft Griechenland von dem Düsseldorfer Unternehmen Panzermunition im Wert von über 50 Millionen Euro. Die Bundesregierung übernimmt dabei über das Koblenzer Bundesamt für Ausrüstung der Bundeswehr sogar die Auftragsabwicklung und die technische Prüfung der Munition. Um Rheinmetall vor Zahlungsausfällen zu schützen, musste Athen die 50 Millionen Euro im Voraus einzahlen. Für Jan van Aken, außenpolitischer Sprecher der Bundestagfraktion der LINKEN, ist es ein Unding, dass Deutschland Hilfsgelder an Athen gibt und damit dann Munition in Deutschland gekauft wird.
Zumal bei einem Konzern, der gerade ein Bußgeld von 37 Millionen Euro für Schmiergelder akzeptiert hat, die bei Rüstungsgeschäften in Griechenland geflossen sind. Ein entsprechender Bescheid der ermittelnden Bremer Staatsanwaltschaft ging an das Tochterunternehmen Rheinmetall Defence Electronics (RDE). RDE hatte in der vergangenen Dekade das Luftabwehrsystem Asrad für 150 Millionen Euro an die griechische Armee verkauft.
Griechenland war laut SIPRI-Angaben zwischen 2005 und 2009 der weltweit fünftgrößte Waffenimporteur, und bezahlt wurde mit teuren Krediten. Athen hatte damals die gemessen am Bruttoinlandsprodukt höchsten Rüstungsausgaben in der EU, noch 2010 betrugen sie 4,3 Prozent des BIP. Inzwischen soll dieser Anteil auf 2,3 Prozent und 3,5 Milliarden Euro geschrumpft sein, so wie die Truppenstärke von 135 000 auf 109 000 Soldaten. Auch das ist noch immer mehr als bei den meisten NATO-Mitgliedstaaten, die wie Deutschland in der Regel unter zwei Prozent liegen. Die neue Regierung will nun alle Rüstungsbeschaffungspläne gründlich überprüfen und eine Strukturreform der Streitkräfte samt Schließung von Militärstützpunkten und Kasernen angehen.
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