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Ohne Olympia wird es nicht zappenduster

Bevor es richtig losging, ist die Bewerbung um die Spiele gescheitert - für die Stadt muss das nicht schlecht sein

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 4 Min.
Die Entscheidung des DOSB gegen Berlin ist eine Klatsche für den Senat, aber nicht für Deutschlands einzige Metropole. Für die bietet es die Chance, ohne Olympia-Größenwahn nach vorne zu blicken.

Mit der »großartigen Teamarbeit« im Senat war es am Morgen nach der Entscheidung des DOSB endgültig vorbei. Erst wollte Berlins Kulturstaatssekretär Tim Renner (SPD) die Entscheidung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) für Hamburg und gegen Berlin offenbar nicht richtig wahrhaben und brachte im »RBB-Inforadio« allen ernstes Berlin für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2028 ins Spiel. Wenig später schloss Sportsenator Frank Henkel (CDU) auf demselben Sender am Dienstag eine erneute Bewerbung der Hauptstadt für Olympische Spiele 2028 »kategorisch« aus. »Berlin ist jetzt raus und das gilt es zu akzeptieren«, betonte Henkel. Das ist auch so in den Bewerbungsregeln festgeschrieben.

Der kleine Schlagabtausch spiegelt die in Wirklichkeit schlechte Mannschaftsaufstellung wieder, die die Berliner Bewerbung für Olympia von Beginn an begleitete. Erst nach einer Ruckrede des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) an seine Senatoren kam überhaupt Schwung in die Sache - um die Bewerbung auf die Erfolgsspur zu bringen, war es da aber wohl bereits zu spät: Während in Hamburg schon jeden Abend Halligalli mit Feuerwerk war, war es in Berlin noch zappenduster.

Auch wenn es im Nachhinein müßig ist, wäre es für eine erfolgsversprechende Olympia-Bewerbung Berlins wahrscheinlich besser gewesen, voll auf die kreative Szene Berlins zu setzen, zu der auch Kulturstaatssekretär Renner zu zählen ist. Statt des biederen »Wir wollen die Spiele« soll es, so besagen zumindest Gerüchte, ja auch eine Kampagne »Wir wollen spielen« gegeben haben, die am Ende wieder in der Schublade verschwand. Eine wirklich verspielte und bescheidene Bewerbung Berlins hätte in jedem Fall anders ausgesehen, auch wenn im Senatskonzept nicht alles schlecht war. Wahrscheinlich wäre dann die auch Zustimmung in der Bevölkerung größer gewesen als 55 Prozent, wie sie Forsa gemessen haben will.

Doch Bescheidenheit und Olympische Spiele, das widerspricht sich trotz zaghafter Reformen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) weiterhin. Wie groß überdies die Zweifel im DOSB-Präsidium an Berlin waren, zeigte sich bereits bei der Stippvisite im Berliner Olympiastadion. Mitglieder des Vereins hatten vorher extra eine Tour über die Flughafenbaustelle des BER bekommen. Denn international, so hieß es, seien Olympische Spiele ohne funktionierenden Flughafen nicht zu vermitteln. Diese Bedenken dürften sich angesichts des neuen Korruptionsfalls und des angedrohten BER-Baustopps verstärkt haben. Der BER steht national, aber auch international für den lädierten Ruf: Wer solche Probleme hat, dem wird die Durchführung eines Megaspektakels nicht zugetraut. Da konnte Berlin noch so viele Hotelbetten und Sportstätten vorweisen.

Überhaupt die marode Infrastruktur: Wenn ein Argument der Olympia-Gegner zog, waren es die kaputten Schulen, Kitas, Schwimmbäder und Sportstätten. Und der Mietenwahnsinn. Viele Menschen in Berlin treffen diese Probleme täglich konkret. Das Argument, mit Olympia werde alles besser, wie es der Senat mantramäßig vorbrachte, verfing dagegen nur bedingt. Warum, fragten sich nicht nur Olympia-Skeptiker, wird der Sanierungsstau dann nicht schon heute beseitigt? Bei der Olympia-Abstimmung, die der Senat nur politisch, aber nicht rechtlich bindend machen wollte, wäre auch die NOlympia-Bewegung stärker in die Gänge kommen.

Am Montagabend freuten und beglückwünschten sich zwei Dutzend Aktivisten zwar vor einem Lokal in Kreuzberg. »Wir überlegen jetzt, wie wir die Hamburger unterstützen können«, kündigt Judith Demba an, die so etwas wie das Gesicht der Olympia-Gegner in Berlin ist. Aber so richtig in Fahrt war auch NOlympia nicht gekommen, ein paar lautstarke Auftritte dort, kleinere Kundgebungen hier. Wie groß die Vorbehalte, und wie erstaunlich gut informiert viele Menschen sind, zeigte sich allerdings beim Bürgerforum des Senats, wo die Verantwortlichen auf kritische Fragen aus dem Publikum häufig keine Antworten hatten. Stattdessen wurde schon in der frühen Bewerbungsphase deutlich, dass Kosten mehr oder weniger verschleiert werden: Natürlich belastete die Bewerbung den Etat - und landeseigene Unternehmen als Private zu deklarieren, hat das Vertrauen in das Finanzgebaren nicht vergrößert. Dazu passt auch, dass die City-Host-Verträge des IOC erst nach der Abstimmung im September veröffentlicht worden wären. Geheimverträge haben in Berlin bereits einmal einen Volksentscheid zum Sieg geführt, nämlich beim Wasser.

Für Berlin muss die versemmelte Olympia-Bewerbung nicht schlecht sein. Im Gegenteil: Allein mit den 50 Millionen Euro eingesparten Bewerbungskosten könnte sofort das Startsignal für eine lebenswertere Metropole gegeben werden. Für einen Aufbruch nach dem schmerzlichen Sparwahn des vergangenen Jahrzehnts braucht es kein Olympia, sondern politische Fantasie - und Willen. Schöne Sportereignisse stehen in Berlin auch so vor der Tür: Im Mai und Juni folgen die Champions-League-Finalspiele im Fußball und dann im Spätsommer die jüdische Maccabiade.

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