Kipping will nicht Fraktionsvorsitzende werden

Linkenchefin: Vorrang für Partei und Privatleben / Energie nicht nur auf Parlamentsarbeit richten

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Berlin. Die Vorsitzende der Linken, Katja Kipping, steht nicht als Fraktionsvorsitzende ihrer Partei zur Verfügung. Gegenüber der »Süddeutschen Zeitung« verwies die Politikerin auf ihre ausfüllende Rolle als Parteichefin und ihr Privatleben. Ihr mache die Arbeit als Vorsitzende »mit Bernd Riexinger sehr viel Freude. Wir sind als Team erfolgreich, wir haben die Partei stabilisiert und vorangebracht. Ich sehe keinen Grund, da einen Wechsel vorzunehmen«, so Kipping. Außerdem sei sie »als überzeugte Feministin« der Meinung, »dass im Leben von Frauen wie Männern gleichermaßen neben Erwerbsarbeit und Politik auch Zeit sein muss für Familie und Muße«. Weitere Verpflichtungen »würden meine Work-Life-Balance zu sehr durcheinanderbringen«, so Kipping.

Anfang März hatte die Vizevorsitzende der Fraktion, Sahra Wagenknecht, überraschend erklärt, sie wolle nicht - wie von vielen erwartet - bei der im Herbst anstehenden Neuwahl der Fraktionsspitze für das Amt der Vorsitzenden kandidieren. In einer Erklärung, die sie auf ihrer Website veröffentlichte, hieß es, den letzten Ausschlag dafür habe die Zustimmung der Mehrheit der Fraktion zum Antrag der Bundesregierung auf Verlängerung des Kreditprogramms für Griechenland Ende Februar geliefert. Sie halte dies »für einen strategischen Fehler«, so Wagenknecht.

Kipping und Riexinger hatten die Entscheidung von Wagenknecht »ausdrücklich« bedauert und erklärt, sie werde »auch zukünftig eine wichtige Vordenkerrolle in der Partei spielen«. Zugleich verteidigten sie das Votum der Linken im Bundestag. Zum Abstimmungsverhalten über die Verlängerung des Kreditprogramms habe »es in der Fraktion eine sehr gute und sachliche Debatte« gegeben, so die beiden Parteivorsitzenden. »Es gab jeweils gute Gründe, der Vereinbarung zuzustimmen oder sich zu enthalten, um Solidarität mit SYRIZA zu demonstrieren.« Linksfraktionschef Gregor Gysi hatte in einer kurzen Erklärung auf die Entscheidung von Wagenknecht mit den Worten reagiert, dies sei »auf der einen Seite zu bedauern und auf der anderen Seite zu respektieren«.

Seither wird hier und da spekuliert, wie eine neue Doppelspitze in der Linksfraktion aussehen könne. Dass Gysi ab dem Herbst weiter allein die Führung innehat, wird mit Blick auf Beschlüsse zu einer quotierten Doppelspitze für nicht sehr wahrscheinlich gehalten. Welche Chancen der Bundestagsabgeordnete und frühere Geschäftsführer der Partei, Dietmar Bartsch, noch auf die Fraktionsspitze hat, wird unterschiedlich bewertet - der langgediente Linken-Politiker galt als neben Wagenknecht designiert, nicht zuletzt, weil beide die unterschiedlichen Lager in der Linken hätten repräsentieren können. Eine Linken-Politikerin aus dem Westen und mit dem Hintergrund jener Flügel, die in der Parteiarchitektur als links gelten, steht aber offenbar derzeit auf keinem Zettel.

Kipping selbst sagt nun, der Fraktionsvorsitz im Bundestag sei das eine - eine funktionstüchtige Partei mit breiter gesellschaftlicher Verankerung aber nicht weniger wichtig. »Es wäre verheerend, wenn alle Energie nur auf die Fraktion gerichtet ist«, wird die Parteivorsitzende in der »Süddeutschen« zitiert. nd

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