Rechtsextremer Treff in Petersburg

Forum der Ultranationalisten im europäisch-russischen Schulterschluss

  • Irina Wolkowa
  • Lesedauer: 3 Min.
In Russland gab es ein Treffen der ganz besonders gruseligen Art: Europäische Rechtsextreme und russische Nationalisten offenbarten in Petersburg auf einem Forum ihre Gemeinsamkeiten.

Moskau. Mit «Unverständnis» und «äußerster Besorgnis» reagierte die Föderation jüdischer Gemeinden in Russland auf das Forum ultranationaler europäischer Parteien, das am Wochenende in St. Petersburg, dem früheren Leningrad, stattfand. Angereist waren unter anderem Vertreter der französischen Front National, der griechischen «Goldenen Morgenröte», der italienischen Liga Lombardia«, der Freiheitlichen Partei Österreichs und der deutschen NPD. Parteien, von denen die meisten »ohne Einschränkungen als extremistische Organisationen qualifiziert werden müssten, deren Tätigkeit auf dem Gebiet Russlands zu verbieten wäre«, rügt die Föderation in einer Erklärung.

Empörend sei auch die Wahl des Tagungsortes. Die Newa-Stadt war während des Großen Vaterländischen Krieges 900 Tage von der Wehrmacht eingeschlossen, Hunderttausende Menschen verhungerten. Kritisch äußerten sich daher Veteranen-Organisationen. Staatsnahe Medien hätten den Skandal mit keiner Silbe erwähnt, klagte ein Abgeordneter des Petersburger Stadtparlaments bei Radio »Echo Moskwy«. Auch fehle eine offizielle Reaktion von Kreml und Regierung.

Kritische Beobachter erklären das Schweigen mit allerhöchster Billigung des Forums. Zwar fungierte ein »Russisches Nationales Kulturzentrum« als Organisator. Dahinter, so Kenner, verberge sich jedoch die Regionalfiliale der linksnationalen Partei »Rodina« (Heimat). Zu deren Gründervätern gehört Vizepremier Dmitri Rogosin, dem schon als Russlands NATO-Botschafter ein Ruf wie Donnerhall vorausging. Er und Alexander Dugin, der auch im Kreml wohlgelittene Vordenker der großrussischen Eurasischen Bewegung, ziehen bei »Rodina« die Strippen.

Beide sind zudem bestens verdrahtet mit rechtsextremen Gruppierungen in West- wie in Osteuropa. Dort sowie bei Euroskeptikern und Erzkonservativen, fürchtet der Historiker Wladimir Schweitzer vom Europa-Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften in der »Nesawissimaja Gaseta«, suche Russland nach Verbündeten im Kampf gegen Sanktionen und Isolation.

Bei großen internationalen Problemen, das zeigt auch das St. Petersburger Abschlussdokument, gibt es große gemeinsame Schnittmengen. Konsens besteht vor allem zu einer multipolaren Welt, der zentralen These russischer Außenpolitik, und zu Moskaus Haltung in der Ukraine-Krise, einschließlich des Russland-Beitritts der Krim.

Das gilt auch für den Wertekanon. Als die Duma 2013 per Gesetz Schwulen- und Lesben-»Propaganda« untersagte, lobte Marine Le Pen, Chefin der ultrarechten Front National Russland als letzten Hort abendländischer Zivilisation. Dafür kassierte sie im Dezember 2014 einen Kredit von neun Millionen Euro von einer russischen Bank, die einem Freund von Kremlchef Wladimir Putin gehört. Herb war daher die Enttäuschung ihrer russischen Fans über das schlechte Abschneiden bei den Wahlen am Sonntag.

Leitartikler werten den Schulterschluss zwischen Europas Rechtsextremen und Russlands Nationalisten auch als gelbe Karte für die etablierten demokratischen Volksparteien. Diese hätten dumpfe Ängste der Massen – darunter auch die vor einem neuen Weltkrieg – und Skepsis gegenüber den Technokraten in Brüssel – bisher ignoriert.

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