»Nackenschläge gehören dazu«

Ein Fußballverein mitten im Leipziger Osten will die Kinder von der Straße holen

  • Heidrun Böger, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit anderthalb Jahren gibt es im Leipziger Osten den Fußballverein International. Dort betreibt man zwar auch Leistungssport, zugleich aber kann dort jeder Jugendliche kicken, der Spaß am Fußball hat.

Fußball in Leipzig, das ist ein von Emotionen geprägtes Spiel wie anderswo auch. In der Vergangenheit waren Fans der Leipziger Klubs oft vor allem »gegen« - gegen die anderen. Nörgler und Experten überall.

Dem will der im Oktober 2013 neu gegründete Verein International etwas entgegensetzen. Trainer Heiner Backhaus: »Zu uns kann jeder kommen, das Spiel steht absolut im Vordergrund. Fan-Streitigkeiten interessieren uns nicht.« Bei Inter wollen sie Leistungssport in der Spitze, aber gleichzeitig kann in den Kinder- und Jugendmannschaften jeder kicken, der Spaß am Fußball hat, auch wenn er womöglich nicht das ganz große Talent ist.

Der Name des Vereins deutet schon an, dass es international zugeht. Das ist allerdings in der deutschen Nationalmannschaft oder bei RB Leipzig genauso. Die Hälfte der 1. Männermannschaft von FC Inter ist nicht deutsch. Kapitän Manual Moral Fuster zum Beispiel kommt aus Spanien: »Ich bin vom SV Babelsberg 03 hergekommen, weil Heiner Backhaus, mit dem ich auf Malta gespielt habe, mich gefragt hat.« Für Fuster ist jeder Tag schön, »weil ich Fußball spielen kann. Sogar der deutsche Winter gefällt mir.« Der 27-Jährige ist wie alle aus der 1. Männermannschaft Co-Trainer in einer der Kinder- und Jugendmannschaften. Das gehört zum Konzept des Vereins genauso wie die Hausaufgabenhilfe, die noch im Aufbau ist.

Im Schnitt 200 Zuschauer verfolgen die Spiele der 1. Mannschaft, die in der Landesliga Sachsen spielt, das ist die 6. Spielklasse (von 13). Man ist kurz hinter den Aufstiegsplätzen. Doch wäre ein Aufstieg in die Oberliga Nordost verfrüht, findet Trainer Backhaus, der gemeinsam mit dem ehemaligen Leipziger Bürgermeister Wolfgang Tiefensee die Idee eines neuen Leipziger Fußballvereins umgesetzt hat. Zwar gibt es mit einer großen Immobilienfirma einen Hauptsponsor, aber noch fehlt es an vielem, nicht zuletzt an genügend Fußballplätzen. Die Kinder- und Jugendmannschaften spielen im Mariannenpark mitten im Leipziger Osten, aber hier können sie nur ein Feld nutzen. So punktet die 1. Männermannschaft um Kapitän Fuster in Radefeld, nördlich von Leipzig. Trainer Backhaus, der aus dem Ruhrgebiet stammt, lebt die Internationalität seines Klubs. Zuletzt war er in Athen. Der heute 33-Jährige, der bei beiden Leipziger Traditionsvereinen - FC Sachsen und 1. FC Lok Leipzig - gespielt hat, ist viel rumgekommen: Hongkong, Zypern, Malta. So was nennt man wohl Weltenbummler. Auf dem Rasen im Mariannenpark wird Deutsch gesprochen, Englisch und Spanisch. Es ist eine bunte Truppe. Gerade hat man das japanische Nachwuchstalent Hayato Wakino nach Finnland abgegeben - der FC International als Sprungbrett für die große Kariere.

Jeden Tag gibt es bei der D-Jugend vier neue Anmeldungen, sagt Trainer Backhaus. Der Zuspruch sei groß hier im Leipziger Osten, der deutschlandweit als Problemviertel bekannt ist. Der Ausländeranteil rund um die Eisenbahnstraße ist hoch. Backhaus: »Bei uns gibt es viel Training, aber auch viel Motivation, viel Zuspruch.« Bei Inter könne, so Backhaus, der Sohn eines Rechten genauso spielen wie ein Moslem. Gelebt werde Toleranz. Dafür gibt es allerdings auch verbale Angriffe neben dem Platz, nicht jeder in den etablierten Vereinen freut sich. Doch bei Inter glauben sie an ihr Konzept, sind besessen von der Sache, vom Fußball. Backhaus: »Nackenschläge gehören dazu.«

Informationen im Internet unter: FC International Leipzig; https://www.facebook.com/interleipzig.de; Telefon: 0341/23 46 93 54

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -