Nazi-Flop im Doppelpack

Provokationen am »Tag gegen Rassismus« in Niedersachsen misslangen gründlich

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine rechtsextreme Band und die Neonazi-Partei »Die Rechte« wollten am »Internationalen Tag gegen Rassismus« an zwei Orten in Niedersachsen provozieren. Beide Vorhaben scheiterten.

»Eine U-Bahn bauen wir - von St. Pauli bis nach Auschwitz.« Mit dieser Textzeile und anderem Nazi-Schund zitiert Niedersachsens Verfassungsschutz die rechtsextreme Bremer Band »Kategorie C - Hungrige Wölfe«. Dieser Formation erschien der 21. März offensichtlich für ein provokantes Konzert gut geeignet, denn: Jenes Datum markiert den 1966 von den Vereinten Nationen ausgerufenen »Internationalen Tag zur Überwindung von Rassendiskriminierung«.

Wegen ihrer Gewalt verherrlichenden Machwerke ist »Kategorie C« in der Skinhead- und Neonazi-Szene sehr beliebt. Band-Gründer und Sänger Hannes Ostendorf ist den Sicherheitsbehörden seit langem als rechter Aktivist bekannt. In Bremen war er 1991 wegen seiner Beteiligung am Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft verurteilt worden. Im Oktober 2014 war es seine Band, die beim Hooligan-Krawall in Köln den gewaltbereiten Mob anheizte.

In vertrauter Lügentaktik versuchte »Kategorie C«, sich für den 21. März im norddeutschen Raum einen Saal zu besorgen; die Fans sollten kurzfristig via Internet den Ort des Auftritts erfahren. Die Masche ist bekannt: Rechte Gruppen erschleichen sich Räumlichkeiten, indem sie Vermietern vorschwindeln, dort »Geburtstag feiern« zu wollen. Diese Strategie misslang nun in diesem Fall gründlich. Die Polizei hatte von der Sache Wind bekommen, rechtzeitig alle in Frage kommenden Kommunen informiert und die Bevölkerung aufgerufen: Meldet verdächtige Saal-Interessenten!

Mehrere Kreise verhängten vorsorglich Auftrittsverbote gegen »Kategorie C«. Vergeblich suchte ein Veranstalter, der das Konzert organisieren wollte, nach einem Raum im Emsland oder in Ostfriesland.

Um der Band dennoch das Abspielen ihres Unrats zu ermöglichen, »flüchtete« der Organisator in die Niederlande, fand dort eine Räumlichkeit in Haaksbergen unweit der Grenze zu Nordrhein-Westfalen. Doch die Polizei im Nachbarland war vorbereitet, kontrollierte am Samstag die Anreisenden, und fand bei einem Begleiter des Veranstalters Pfefferspray - nach holländischem Recht eine verbotene Waffe. Der Mann wurde festgenommen, das Konzert untersagt. Zudem beschlagnahmten die Niederländer eine für den Auftritt angemietete Musikanlage.

Den zweiten Flop erlitt die Naziszene in Hildesheim. Der Neonazipartei »Die Rechte« und deren Mitläufern war der »Tag gegen Rassismus« für ihren Marsch nicht Provokation genug. Und so zogen die etwa 70 Extremisten durch ein Viertel, in dem viele Menschen mit Migrationshintergrund wohnen. An der Spitze der rechten Rotte: Parteichef Christian Worch, seit Jahren führende Gestalt übelster Neonazi-Aktivitäten.

Mit ihren fremdenfeindlichen Parolen fand die braune Schar kaum Aufmerksamkeit, geschweige denn Zustimmung. Im Gegenteil. In der Stadt waren 2000 Menschen dem Aufruf des Bündnisses gegen Rechts gefolgt, demonstrierten gegen Faschismus und Ausländerfeindlichkeit.

Ungewollt haben die Nazis etwas für Asylbewerber geleistet: Die Gegendemonstranten hatten sich darauf verständigt, für jeden Meter, den die Rechtsradikalen zurücklegten, Geld zu spenden. Zusammen kamen rund 6500 Euro. Sie gehen an den niedersächsischen Flüchtlingsrat, um Sprachkurse im Bereich Hildesheim zu finanzieren. So wurde der »Marsch gegen Überfremdung«, wie ihn die Rechte nannte, zu einer Integrationshilfe für Asyl suchende Menschen.

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