Fünf kurze Filme erobern die Welt
Fünf Minuten reichen, um starke Geschichten zu erzählen
Die Tiger waren am Dienstag in Berlin los, zumindest die Kurzen. Zum fünften Mal kürte die Filmförderungsanstalt fünf Kurzfilme mit den »Short Tiger«. Deren Macher werden zum Filmfestival in Cannes eingeladen. Anschließend werden die Filme auf Festivals weltweit ausgewertet. Nur im deutschen Kino sind sie kaum zu sehen. Die attraktive kurze Form steht dort vor dem Aussterben.
Mehr als 100 Kinos setzen regelmäßig Kurzfilme ein, die große Masse setzt ausschließlich auf Werbung vor dem Hauptfilm. In den Kindertagen des Kintop und der DDR war dies anders. So war der polnische Kurzfilm über das Alpenmurmeltier durchzustehen, bevor es zum Rendezvous mit Robert Redford in »Staatsanwälte küsst man nicht« ging.
Doch die kurze Form hat ihren eigenen Reiz. Linda Luitz und Wunna Winter spielen in ihrem Puppenfilm »Lure« um die Begegnung einer an den Rollstuhl gefesselten alten Dame und eines dicklichen Jungen gekonnt mit den Erwartungen an das Genrekino und gesellschaftlichen Rollenbildern. Dazu bauten die Absolventinnen der Nürnberger Design-Schule den beiden mit viel Liebe für Details eine skurrile Welt. Das Geschehen stimmt auf jeden Gruselfilm ein.
In dem liebevoll beobachteten Animationsfilm »The Present« bettelt ein Hund um die Aufmerksamkeit eines Jungen, der von der Play Station gefesselt ist. Regisseur Jacob Frey löst die kurze Geschichte mit einer Überraschung auf, die Teenager zum Nachdenken anregt. Der Absolvent der Filmhochschule in Ludwigsburg hat längst bei Disney in Hollywood Arbeit gefunden. Seine einstigen Kommilitonen Roman Kälin, Falco Paeper und Florian Wittmann beeindruckten die Jury um Oscar-Presiträgerin Caroline Link mit »Wrapped« , einem phantasievollen Spektakel, in dem sich die Natur die Straßenschluchten einer Hochhaus-City zurück erobert. Roland Emmerich wäre stolz auf diese Zerstörungswut.
Professor Andreas Hykade, Dozent in Ludwigsburg, ist mit »Nuggets« bei den »Short Tigers« dabei. Sein neuer Streifen um den Vogel Kiwi ist eine philosophische Parabel über die Gier des Menschen, der nicht von süßen Verlockungen lassen kann. Und last but not least ist Stefan Gieren dabei. In »3Postcards« aus Palästina, Tansania und Afghanistan porträtiert er in wenigen Minuten Jugendliche, deren Zukunft eng mit der sozialen und politischen Realität verknüpft ist.
Die geehrten Filme hätten einen regulären Einsatz verdient, und nicht nur sie. Rund 2000 Kurzfilme entstehen jedes Jahr in Deutschland. Spezialisierte Festivals wie in einigen Wochen in Dresden haben ausverkaufte Häuser. Ins reguläre Programm der Mehrzahl der Kinos schaffen sie es die kurzen Kostbarkeiten selten. Kein Fördermodell konnte dies ändern. Schade.
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