SPD: Sonderermittler sollen Anschläge aufklären
Politiker und Parteibüros werden immer häufiger Ziel von gewalttätigen Attacken
Die Bedrohung hört nicht auf. Jüngst musste der LINKE-Bezirksverordnete Hans Erxleben den Integrationsausschuss der Bezirksverordnetensammlung von Treptow-Köpenick unter Polizeischutz stellen, weil sich Rechtsextremisten angekündigt hatten. Gegen Erxleben wurden auch wieder Flugblätter der rechtsextremen NPD verfasst, in denen er als Flüchtlingsunterstützer denunziert wird. Erst Anfang Januar zündeten mutmaßlich Neonazis sein Auto an, bereits im Sommer 2012 waren sein Wohnhaus angegriffen und der Briefkasten in die Luft gesprengt worden. »Der oder die Täter laufen bis heute frei herum«, sagt Erxleben.
Die Einschüchterungen der rechtsextremen Szene treffen auch Politiker anderer Parteien. Besonders häufig Ziel gewalttätiger Attacken werden inzwischen auch Büros und Einrichtungen der Parteien. Wie aus der Antwort auf eine Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) hervorgeht, hat sich die Zahl solcher Anschläge von 16 Fällen (2013) auf 33 Fälle (2014) mehr als verdoppelt. Viele Attacken kann die Polizei nicht zuordnen, neben Rechtsextremisten verüben aber offenbar auch Linksradikale vermehrt solche gewalttätigen Angriffe. Im vergangenen Jahr beispielsweise auch auf Büros der Grünen im Kontext der Flüchtlingsproteste, die im vergangenen Sommer in der Gerhart-Hauptmann-Schule stattfanden.
Was die Angriffe auf die Parteieinrichtungen angeht, muss die Verwaltung von Innensenator Frank Henkel (CDU) indes einräumen: »Im Berichtszeitraum konnten keine Tatverdächtigen ermittelt werden.« »Null Aufklärung ist eine glatte Null«, kritisiert Tom Schreiber. Der SPD-Politiker fordert, dass die polizeilichen Ermittlungen »Priorität« bekommen. Aus Sicht Schreibers sollte die Polizei eine eigene Sonderkommission zu den Anschlägen mit politischem Hintergrund bilden, die langfristig arbeitet. Schließlich haben die Erfahrungen der vergangenen Jahre auch gezeigt, dass derartige Übergriffe in Wahlkampfzeiten zunehmen. Die nächste Abgeordnetenhauswahl ist für den Herbst 2016 geplant. Davor sind - wie bereits 2006 oder 2011 - vermehrt Anschläge zu befürchten.
Auch der SPD-Landesvorsitzende Jan Stöß fordert mehr Druck, um die Angreifer zu fassen. »Wenn in diesen Fällen kein einziger Täter aufgegriffen wurde, können wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen«, betont Stöß. Mit diesem Schulterzucken müsse Schluss sein. Schließlich verdiene politische und gesellschaftliche Arbeit »wirksamen Schutz vor Gewalt und Einschüchterungen«.
Die Polizei weist die Kritik aus den Reihen der SPD unterdessen zurück. »Straftaten gegen Wahlkreisbüros nehmen wir ernst«, sagt Polizeisprecher Stefan Redlich dem »nd«. Alle Verfahren würden durch die Spezialisten des Staatsschutzes geführt. Da es sich aber oft bei den Taten um Sachbeschädigungen handelt, seien kaum Ermittlungsansätze vorhanden. »Wenn es die Spurensituation erlaubt, haben wir im vergangenen Jahr auch Ermittlungsgruppen gegründet«, sagt Redlich. Er verweist darüber hinaus auf die präventiven sicherheitstechnischen Beratungen der Polizei.
Betroffene wie Hans Erxleben wurden von der in seinem Fall eingesetzten »Ermittlungsgruppe Südost« zwar ausführlich vernommen. Danach passierte nicht mehr viel. »Von denen hörst und siehst Du nichts«, sagt Erxleben.
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