Mühlhausen: Aufmarsch gegen Flüchtlingsheim

Hunderte Menschen, darunter Rechtsradikale, gegen Teilnutzung von früherer Kaserne als Asylunterkunft / Thüringer Landesregierung will Standort in Vorauswahl nicht aufgeben

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Hunderte Menschen, darunter Rechtsradikale, haben in Mühlhausen gegen die mögliche Teilnutzung der ehemaligen Görmar-Kaserne als Flüchtlingsunterkunft demonstriert. Zu der Aktion hatte eine Bürgerinitiative aufgerufen, wie ein Polizeisprecher sagte. Er zählte etwa 150 Teilnehmer bei dem flüchtlingsfeindlichen Aufmarsch, eine MDR-Reporterin schätzte dagegen eine höhere Zahl von mehreren Hundert Teilnehmern. Darunter seien auch Mitglieder und Sympathisanten der rechtsextremen NPD gewesen. Dies berichtete auch die »Thüringer Allgemeine«, die von 300 Teilnehmern sprach.

Die Bundeswehr nutzt die Kaserne nicht mehr. Die rot-rot-grüne Landesregierung prüft derzeit, ob sie neben Immobilien in Rudolstadt und Erfurt-Waltersleben als möglicher Standort für eine weitere Flüchtlingserstaufnahmestelle in Frage kommt. Oberbürgermeister Johannes Bruns (SPD) lehnt dies ab und verweist auf Pläne, in der Kaserne Firmen anzusiedeln. Der Oberbürgermeister hatte am Vortag zudem angekündigt, die Stadt wolle die Flüchtlingsunterkunft verhindern. Sein Argument: Die Unterbringung würde die Ansiedlung von Investoren behindern. Bruns hatte sich laut MDR am Freitag jedoch auch von der Demonstration distanziert und eine Absage der Aktion gefordert - vergeblich. Die Bürgerinitiative erklärte, die Aktion richte sich nicht gegen Flüchtlinge. Beobachter fragte sich indes, gegen wen sonst.

Das Kabinett will am Dienstag über den Standort entscheiden. Die Landesregierung erklärte, die leerstehende Görmar-Kaserne müsse in die intensiven Prüfungen für eine weitere Aufnahmestelle einbezogen werden. Migrationsminister Dieter Lauinger (Grüne) sagte am Freitag in Erfurt, Aus Sicht des Kabinetts »schließen sich die Erstaufnahmestelle und eine gewerbliche Entwicklung des Areals nicht aus«. Für die Erstaufnahme kämen nur die Mannschaftsunterkünfte in Frage, für die es keine wirtschaftlichen Investoren gebe, die aber vor wenigen Jahren aufwendig saniert worden seien. Für Investoren seien vor allem die Freiflächen des Kasernengeländes interessant, stellte Lauinger fest. Deren zukünftige wirtschaftliche Nutzung werde von der Landesregierung »ausdrücklich unterstützt«.

In der Vorauswahl sind neben Mühlhausen eine Immobilie im Erfurter Ortsteil Waltersleben und ein ehemaliges Krankenhaus in Rudolstadt. Die bisher einzige Erstaufnahmestelle in Eisenberg wurde im Vorjahr um eine Außenstelle in Suhl erweitert. Über eine weitere Außenstelle in Gera-Liebschwitz wird noch verhandelt. Das Land rechnet dieses Jahr mit 8.000 Flüchtlingen, andere Berechnungen gehen von bis zu 13.000 Asylbewerbern aus. Agenturen/nd

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.