Fremdes Sterben
Uwe Kalbe über Ebolaepidemie und Flüchtlingstod im Mittelmeer
Die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer wurde am Dienstag kurzzeitig von einer noch erschreckenderen Todesbilanz überdeckt, obwohl die neueste Zahl von 1750 Ertrunkenen seit Jahresbeginn die nachgewiesene Sterberate der Fluchtwilligen an den nordafrikanischen Küsten erneut erhöht hat. Über 10.000 Todesopfer infolge der Ebola-Epidemie sind in den drei betroffenen afrikanischen Ländern zu beklagen. Doch im Grunde kann man die beiden Zahlenangaben, dessen realer menschlicher Dimension sich der menschliche Verstand verweigern möchte, zusammenzählen. Denn anders, als die öffentliche Wahrnehmung es nun nahelegt, ist auch die Ebola-Epidemie keine der Natur geschuldete Katastrophe - ebenso wenig wie das Sterben im Mittelmeer.
Die Organisation »Ärzte ohne Grenzen« benennt die Defizite, die Ebola erst zum Massenhorror gemacht haben: fehlende Therapiemöglichkeiten und Impfungen, Medikamente und Impfstoffe auf der einen Seite, eine von Profitinteressen geleitete Pharmaindustrie auf der anderen. Hinzu kommt die politische Arroganz des Westens gegenüber dem Sterben, so lange dieses nicht die eigenen Grenzen überschreitet. Es ist dieselbe Ignoranz, die auch sein Verhalten gegenüber den Flüchtlingen diktiert. Auf große Dramen reagiere die Politik, hofft nun »Ärzte ohne Grenzen«. Das wäre neu.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.