Linkspartei warnt vor Krieg gegen Schleuser

Bundestag debattierte über Flüchtlingstragödie im Mittelmeer – EU will Schlepperboote zerstören

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.

Die bislang schwerste Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer erreichte am Mittwoch den Bundestag. Mit einer Schweigeminute gedachte das Parlament der mehr als 800 Menschen, die in der Nacht zum Sonntag ertrunken waren, als ihr überfülltes Boot vor der libyschen Küste kenterte. Während der Aktuellen Stunde sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU): »Seenotrettung ist das Erste und Dringlichste, was unverzüglich beginnen muss.« Dabei hatte der Minister noch vor wenigen Tagen gewarnt, solche Rettungsmissionen würden Schleuser begünstigen. Am Mittwoch forderte er hingegen, die EU dürfe sich nicht abschotten. Allerdings könne man »nicht jeden aus Afrika aufnehmen«.

Petra Pau von der LINKEN betonte, das jüngste Flüchtlingsdrama sei nicht nur eine menschliche Katastrophe, »sondern ein politisches Desaster«. Deutschland und die EU hätten zu lange auf die Abwehr von Flüchtlingen gesetzt. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) unterstrich, die Katastrophe sei »nicht das Ende, es ist der traurige Höhepunkt einer Tragödie«.

Die LINKEN-Abgeordnete Ulla Jelpke plädierte für »gefahrlose Möglichkeiten der Einreise« und warnte, die EU rüste sich »regelrecht für einen Krieg«. Tatsächlich will sich die Brüsseler Kommission an der gemeinsamen EU-Militäraktion »Atalanta« zur Piratenabwehr vor Somalia orientieren und die Flüchtlingsboote an der libyschen Küste abfangen. Zudem sollen leere Schleuserschiffe vor Ort zerstört werden. Die Parlamentarische SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht bezweifelte am Mittwoch, dass die Bootsvernichtung vom Mandat der EU-Grenzschutzagentur FRONTEX gedeckt sein könnte und forderte ein UN-Mandat. Ein Außenamtssprecher wiegelte ab: Die Überlegungen zum Umgang mit Schlepperschiffen seien noch in einem »sehr frühen Stadium«.

Derweil verwies Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz darauf, dass die verstärkte Seenotrettung auch im Zehn-Punkte-Plan der EU-Kommission stehe, der am Donnerstag auf dem Sondergipfel in Brüssel besprochen werde. Wichtig seien außerdem der Kampf gegen Schlepper und die Stabilisierung der Herkunftsländer. Nach Meinung der Kanzlerin seien Bilder von ertrinkenden Menschen mit den Werten der EU nicht vereinbar, so Wirtz.

Der Verband Deutscher Reeder fordert von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mehr Hilfe bei der Rettung von Flüchtlingen. »Unsere Besatzungen sehen die Menschen sterben, sie ertrinken vor unseren Augen oder erfrieren an Bord«, heißt es in einem Schreiben an das Bundeskanzleramt, wie der NDR-Radiosender 90,3 am Montag in Hamburg meldete. Vorgeschlagen wird eine Art Luftunterstützung für Handelsschiffe. Sie soll medizinische Einsatzkräfte an Bord von Schiffen bringen, die Flüchtlinge aufnehmen.

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