Flüchtlinge bei Zugunglück in Mazedonien getötet
Opfer konnten Gleise in engem Tal nicht verlassen
Skopje. Bei einem Zugunglück in Mazedonien sind mindestens 14 Flüchtlinge aus Somalia und Afghanistan überrollt und getötet worden. Nach Angaben des Lokführers hätten die Menschen beim Herannahen des Zuges am späten Donnerstagabend auf oder neben den Bahngleisen gesessen und nicht mehr entkommen können, erklärte die Staatsanwaltschaft am Freitag. Der Lokführer habe gehupt und gebremst, den Zug aber nicht rechtzeitig zum Stehen bringen können.
Hilfskräfte beschrieben den Schauplatz des Unglücks als eine »Szenerie des Grauens«. Körperteile der Opfer hätten auf einer Länge von 150 Metern entlang der Strecke gelegen. Nachdem der Lokführer des Passagierzuges aus Griechenland das Signalhorn betätigte, hätten zwar einige Menschen entkommen können, 14 von ihnen hätten es jedoch nicht mehr geschafft, teilte die Staatsanwaltschaft mit. In dem engen Tal war den meist jungen Migranten der Ausweg versperrt.
Ihre Leichen wurden in eine Kapelle der Stadt Veles im Zentrum des Landes gebracht. Nach Angaben der Polizeisprecherin Anita Stojkovska wurden acht Migranten festgenommen, während mehrere weitere fliehen konnten. Demnach starben in den vergangenen sechs Monaten auf derselben Bahnstrecke in der gebirgigen Region nahe Veles rund ein Dutzend weitere Flüchtlinge.
Viele Einwanderer laufen entlang der Bahnschienen durch die Balkanstaaten Mazedonien und Serbien in Richtung der Grenze zu den EU-Staaten Rumänien, Ungarn und Kroatien. Nach Angaben der EU-Grenzschutzbehörde Frontex nahm die Zahl der »illegalen« Einwanderer allein an der Grenze zwischen Serbien und Ungarn zwischen 2012 und 2013 um 338 Prozent zu.
Für eine Überführung durch Mazedonien bis zur serbischen Grenze verlangen kriminelle Schleuser laut Frontex zwischen 120 und 200 Euro. Für die gesamte »Balkanroute« zu Land würden rund 1800 Euro fällig. Dies sei jedoch immer noch nur etwa halb so viel wie der durchschnittliche Preis von 3000 Euro, den Schmuggler für den direkten Luft- oder Seeweg nach Europa verlangten.
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten angesichts der Flüchtlingskrise im Mittelmeer bei einem Sondergipfel am Donnerstag beschlossen, die Mittel für die EU-Überwachungsmissionen auf See zu verdreifachen. Das Einsatzgebiet wird jedoch nicht bis vor die libysche Küste ausgeweitet, wo vergangene Woche bei einem Schiffsunglück womöglich über 750 Flüchtlinge ums Leben kamen. Deutschland will zwei zusätzliche Schiffe für den »Triton«-Einsatz vor Italien bereitstellen. AFP/nd
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